Projekt RISS – Fragen zu Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Jugendlichen im schulischen und politischen Kontext

Allgemeine Informationen:

Frage 5 wurde in einer von zwei Versionen gezeigt. Version 1 enthielt die Formulierung „familiärer Hintergrund“ und Version 2 die Formulierung „familiäre Herkunft“.

Einleitungstext:

Nun geht es wieder um die Schule.
In diesem Teil des Fragebogens interessieren wir uns dafür, welche Rolle dein/e familiäre/r Hintergrund/Herkunft in der Schule spielt.
Erklärung ‚familiäre/r Hintergrund/Herkunft‘: Familien in Deutschland sind sehr unterschiedlich. Manche leben zum Beispiel schon immer hier, während andere irgendwann aus einem anderen Land nach Deutschland gezogen sind. In manchen Familien haben die Eltern studiert, in anderen nicht. Außerdem unterscheiden sich Familien darin, wie viel Geld sie zur Verfügung haben.
Diese und ähnliche Aspekte bilden den/die ‚familiäre/n Hintergrund/Herkunft‘‘ um den/die es in den folgenden Fragen geht.

Fragetext:

Wie sehr stimmst du den folgenden Aussagen zu?

Instruktionen:

Bitte mach in JEDER Zeile ein Kreuz.

Antwortkategorien:

stimme gar nicht zu
stimme eher nicht zu
teils teils
stimme eher zu
stimme voll und ganz zu
Informationen zur Frage und Ziel der Testung:
Frage 5 soll die externe Selbstwirksamkeit von Menschen mit einem ähnlichen familiären Hintergrund wie dem des/der Befragten im schulischen Kontext messen. Das Ziel der kognitiven Nachfragen bestand darin, die Assoziationen mit den alternativen Formulierungen „familiärer Hintergrund“ und „familiäre Herkunft“ zu vergleichen, sowie die Verständlichkeit der Erläuterung dazu. Bezüglich der Itembatterie sollte untersucht werden, ob und wie die Testpersonen ihren familiären Hintergrund in die Beantwortung der Frage einbezogen. Dabei lag ein Fokus darauf, welche Bedeutung es für die Testpersonen hatte, einer Aussage nicht zuzustimmen.

Leitfragen und Befunde:
Die erste Aussage wurde von allen Testpersonen mit dem Wert „stimme gar nicht zu“ beantwortet. Die zweite und dritte Aussage wurde jeweils von einer Testperson nicht beantwortet. Bei der zweiten Aussage stimmten vier Testpersonen der Aussage (eher) zu, während eine ihr „gar nicht“ zustimmte. Der dritten Aussage stimmten zwei Testpersonen „gar nicht“ zu, während drei ihr (eher) zustimmten.

FRAGEVERSION („FAMILIÄRER HINTERGRUND“ UND „FAMILIÄRE HERKUNFT“)
Wurde die Erläuterung zu „familiärer Hintergrund“ bzw. „familiäre Herkunft“ von den Testpersonen gelesen und verstanden?
Vier Testpersonen gaben an, die Erklärung bewusst gelesen zu haben, während zwei Testpersonen sie eher überflogen hatten. Beide Testpersonen, die die Erläuterung nur überflogen, waren der Version 2 mit der Formulierung „familiäre Herkunft“ zugeteilt.
Fünf Testpersonen fanden die Erläuterung „sehr verständlich“. Davon äußerte eine Person, dass sie zunächst eine Definition „wie aus dem Duden“ erwartet hatte, die lebensnahe Beschreibung aber als sehr eingehend empfand (TP05). Eine Testperson fand die Erläuterung zu „familiärer Hintergrund“ nur „eher“ verständlich, gab allerdings an, dass sie nach dem Lesen „genau wusste, was gemeint“ sei. Zudem empfand diese Testperson, dass der Bildungsgrad der Eltern eine wenig relevante Facette des familiären Hintergrunds im Vergleich zur Herkunft und zum Einkommen darstellte:
  • „Ich finde einen Satz unnötig, nämlich ‚In manchen Familien haben die Eltern studiert, in anderen nicht‘. Man kann das schreiben, dann versteht man es vielleicht besser, aber das müsste nicht [dastehen]. Davor steht ja ‚aus einem anderen Land nach Deutschland gezogen‘. Ab da müsste klar sein, worum es geht. Den letzten Satz [bezüglich des Geldes] finde ich wieder ausschlaggebend.“ (TP02)
Besteht für die Testpersonen ein Unterschied zwischen den Formulierungen?
Die meisten Testpersonen sahen einen deutlichen Unterschied zwischen den Formulierungen „familiärer Hintergrund“ und „familiärer Herkunft“. Dabei umfasste der Begriff „Hintergrund“ mehr Facetten als der Begriff „Herkunft“, der vor allem als Ursprungsland der Familie oder im Sinne der ethnischen Herkunft gedeutet wurde:
  • „ ‚Familiäre Herkunft‘ assoziiere ich eher damit, aus welchem Land man kommt. ‚Familiärer Hintergrund‘ kann alles sein, zum Beispiel wieviel Geld man hat, ob die Familie eher in reicheren oder ärmeren Verhältnissen lebt oder welche Religion sie hat. Das hat nicht unbedingt was [mit dem Geburtsland] zu tun, man kann ja auch in Deutschland geboren und Jude sein.“ (TP01)
  • „Bei ‚familiäre Herkunft‘ geht es nur darum, wo die Eltern geboren sind und wo man [selbst] herkommt. Unter ‚Hintergrund‘ versteht man alles, auch was man nicht in der Schule sieht, sondern was zu Hause abläuft.“ (TP03)
  • „Wäre die Erklärung [zum Begriff Herkunft] nicht dabei, hätte ich an die Rasse oder die Herkunftsländer gedacht. Oder ob die Eltern nach Deutschland geflüchtet sind.“ (TP04)
  • „ [Der Begriff] ‚Herkunft‘ sorgt dafür, dass man eher an die ethnische Herkunft denkt, was hier [in der Erläuterung] als erster Punkt genannt wurde. Wenn es nicht extra erklärt werden würde, würden die meisten Leute erstmal an die ethnische Herkunft denken.“ (TP05)
An welche Aspekte ihres familiären Hintergrunds denken die Testpersonen beim Beantworten der Fragen?
Trotz der deutlichen Unterscheidung der Begriffe familiärer „Hintergrund“ und „Herkunft“, berücksichtigten viele Testpersonen unabhängig von der präsentierten Frageversion nur eine Auswahl an Aspekten bei der Beantwortung der Fragen. Insbesondere erwähnte keine der Testpersonen den Aspekt „Bildungsgrad der Eltern“ als relevant im Kontext der Itembatterie zum familiären Hintergrund im schulischen Kontext. Die Auswahl der Facetten schien sich nach einer individuellen und subjektiven Einschätzung dessen zu richten, welche Aspekte ihres familiären Hintergrundes sie selbst oder Mitschüler im Alltag besonders prägten.
Von den Testpersonen, die Version 1 mit der Formulierung „familiärer Hintergrund“ beantworteten, berücksichtigte eine Person die drei Aspekte Herkunftsland, Bildung der Eltern und verfügbares Einkommen wie im Erläuterungstext genannt (TP05). Eine zweite legte den ausschließlichen Fokus auf das Herkunftsland der Familie, wobei sie Faktoren wie Hautfarbe und Religion als Unteraspekte der Herkunft betrachtete (TP01). Die dritte Person hingegen berücksichtigte ausschließlich die finanzielle Situation der Familie und ob die Familie intakt sei (TP02).
Ähnlich verhielt es sich bei den Testpersonen, die Version 2 mit der Formulierung „familiäre Herkunft“ angezeigt bekamen. Eine Testperson berücksichtigte ausschließlich das Herkunftsland (TP03), eine das Herkunftsland und die finanzielle Situation der Familie (TP06) und die dritte die finanzielle Situation und Religionsangehörigkeit (TP04).

ITEMS
Wie berücksichtigen die Testpersonen beim Beantworten der Fragen ihren familiären Hintergrund und wie verorten sie sich auf der Antwortskala?
Die Testpersonen zeigten ein Bewusstsein dafür, dass es sich in Frage 5 um die gleichen Konstrukte wie zuvor in Frage 3 handelte, mit dem Unterschied, dass sie nun ihren familiären Hintergrund einbeziehen sollten. Dies wurde mit Interesse wahrgenommen, aber vor allem als Herausforderung kommentiert:
  • „Ich fand die Formulierung [der zweiten Aussage] schwierig, ich musste mir das mehrmals durchlesen, weil ich auf die Schnelle nicht verstanden habe, was gemeint war mit ‚die Meinungen der Schüler mit meinem familiären Hintergrund‘, also dass gemeint war, die Schüler, die denselben familiären Hintergrund haben wie man selbst.“ (TP01)
  • „Ich finde es interessant, dass es im Prinzip die gleichen Fragen wie am Anfang sind, nur jetzt spezifisch auf die Gruppe der Schüler meiner familiären Herkunft bezogen.“ (TP04)
  • „Ich fand die Fragen ein bisschen anspruchsvoller, besonders wegen [der Formulierung] ‚mit meiner familiären Herkunft‘.“ (TP06)
Eine Testperson äußerte Schwierigkeiten damit, sich als Teil einer Gruppe von Menschen mit ihrem familiären Hintergrund zu verstehen, weil ihr Hintergrund individuell und selten sei. Sie beantwortete nur das erste Item von Frage 5.
  • „Ich kenne niemanden in meiner Klasse, der die gleiche oder eine ähnliche Herkunft hat wie ich, allein von den Kulturen her […] Also finanziell und von der Bildung her gibt es schon ähnliche, vielleicht auch gleiche [Menschen]. Aber ich kenne in meiner Klasse keinen, dessen Eltern die gleichen Berufe oder Herkunftsländer haben wie meine Eltern.“ (TP04)
Ob der Bezug zu anderen Schülern mit ähnlichem familiärem Hintergrund ein Problem darstellte, unterschied sich allerdings weniger nach dem individuellen Hintergrund der Testpersonen als nach den Items an sich, was im Folgenden anhand der einzelnen Items ausgeführt wird.

Eingesetzte kognitive Technik/en:

Category Selection Probing, Comprehension Probing, Specific Probing, Emergent Probing
Itemtext Aktiv getestet

Itemtext:

a. Im Unterricht bekomme ich von den meisten Lehrern wegen meines/r familiären Hintergrunds/Herkunft weniger Unterstützung als andere Schüler.

Empfehlungen:

Die Ergebnisse des Pretests deuten auf keine Probleme beim Verständnis oder Beantworten des Items hin, weshalb es in seiner jetzigen Form belassen werden kann. Hier muss allerdings einschränkend erwähnt werden, dass sämtliche Testpersonen der Aussage nicht zustimmten, und etwaige Verständnisprobleme auf diese Weise möglicherweise unentdeckt blieben.
Ja

Itemtext:

b. Bei der Planung von Ausflügen berücksichtigen die meisten Lehrer die Meinungen der Schüler mit meinem/r familiären Hintergrund/ Herkunft genauso wie die aller anderen Schüler.

Empfehlungen:

Das Item wurde im Rahmen des Pretests nicht explizit untersucht. Allerdings deuten die Befunde zur Frage darauf hin, dass manche Testpersonen die Richtung der Antwortskala falsch interpretierten.
Ja

Itemtext:

c. Die meisten Lehrer interessiert nicht wirklich, was Schüler mit meinem/r familiären Hintergrund/ Herkunft denken.

Empfehlungen:

Die Ergebnisse des Pretests deuten auf schwerwiegende Probleme mit Item c hin, die sich teilweise auf das korrespondierende Item aus Frage 3 übertragen lassen. Insbesondere zeigte sich im Vergleich der Fragen 3 und 5, dass die Testpersonen keine stabile (reliable) Meinung dazu haben, ob sich Lehrer dafür interessieren, was Schüler denken. Zudem führte die Negation im Itemtext zu Verständnisschwierigkeiten und trug maßgeblich dazu bei, dass sich Testpersonen auf der falschen Seite der Antwortskala einordneten. Die Negation im Itemtext sollte daher in jedem Fall gestrichen werden.
Ja