Befund zu Antwortkategorien:Informationen zur Frage und Ziel der Testung:
Frage 10 wurde allen Testpersonen gestellt. Mit Frage 10 soll erfasst werden, wie stark sich die Befragten in Bezug auf ihre Zukunft Sorgen um globale Risiken machen. Die Itembatterie wurde bereits im englischsprachigen Raum eingesetzt.
Ziel der kognitiven Nachfragen war es herauszufinden, welche von zwei möglichen Übersetzungen der Antwortskala besser differenziert („besorgt sein“ versus „Sorgen haben“), und wie sich die Testpersonen auf den Antwortskalen einordnen. Zusätzlich sollte das Verständnis der Items „organisierte Kriminalität“ und „Pandemien / weltweite Seuchen“ untersucht werden.
Befund:
In Tabelle 11 ist die Häufigkeitsverteilung der Antworten auf Frage 10 für beide Varianten der Antwortskala dargestellt. Abbildung 1 visualisiert die Antworten zusätzlich (s. Projektbericht). Es kam nur vereinzelt zu Item Nonresponse, wobei jeweils eine Testperson die Items „Überbevölkerung“, „Steigende Zahl von Flüchtlingen“, „Hohe Arbeitslosigkeit“, „Militärische Konflikte / Kriege“ und „Steigende soziale Ungleichheit“ nicht beantwortete. Keine der Testpersonen ließ mehr als ein Item unbeantwortet.
Die wenigsten Sorgen bereiteten den Testpersonen die Themen „Pandemien / weltweite Seuchen“, „Terrorismus“ und „Hohe Arbeitslosigkeit“. Die meisten Sorgen bereiteten den Testpersonen die Themen „Wirtschaftskrise“, „Militärische Konflikte / Kriege“ und „Steigende Zahl von Flüchtlingen“. Diese Themen erzielten die niedrigsten bzw. höchsten Mittelwerte als auch die geringsten bzw. höchsten Anteile an Befragten, die sich „sehr besorgt“ zeigten bzw. angaben „sehr viele Sorgen“ zu haben.
Welche der beiden Formulierungsvorschläge von Frage und Antwortkategorien ist besser geeignet, um Sorgen zu verschiedenen Themen zu messen?
In der Tendenz gaben die Testpersonen, denen Variante 2 („Sorgen haben“) gezeigt wurde, etwas niedrigere Skalenwerte an, d. h. sie zeigten sich weniger besorgt. Allerdings war der Unterschied in der Häufigkeitsverteilung nur für das erste Item „Terrorismus“ (Χ2(3) = 16.830; p = .001; Cramer’s V = .265) und das Item „Pandemien / weltweite Seuchen“ (Χ2(3) = 8.154; p = .043; Cramer’s V = .184) statistisch signifikant. Summiert man alle Items zu einem Gesamttestwert und teilt diesen durch die Anzahl der beantworteten Items, ergibt sich ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Varianten, wobei sich die Testpersonen in Variante 1 etwas besorgter zeigten (Variante 1: M = 2,86; SD = .51; Variante 2: M = 2.72; SD = .54; t(238) = 2.090; p = .038).
Die Testpersonen verteilten in Variante 2 („Sorgen haben“) ihre Antworten gleichmäßiger über die vier Skalenpunkte, was sich mit Ausnahme des Items „Steigende soziale Ungleichheit“ in einer höheren Varianz widerspiegelte (die Standardabweichung der Items betrug in Variante 1 zwischen 0,707 und 0,872 und in Variante 2 zwischen 0,838 und 0,982). Zudem fällt auf, dass bei allen Items – wieder mit Ausnahme des Items zu steigender sozialer Ungleichheit – die Testpersonen in Variante 2 den niedrigsten Skalenwert „Überhaupt keine Sorgen“ häufiger auswählten als Testpersonen in Variante 1 den Wert „Überhaupt nicht besorgt“.
Die part-whole-korrigierte Trennschärfe der Items mit der Skala war über beide Skalenvarianten hinweg gut (über 0,4). Die Trennschärfen in Variante 1 lagen zumeist etwas höher als in Variante 2. Nur das Item "Klimawandel" hat in Variante 1 eine niedrigere Trennschärfe und mit 0,297 auch die einzige Trennschärfe unter 0,4. Die interne Konsistenz der Itembatterie unterschied sich kaum zwischen den Skalenvarianten (Variante 1 Cronbach’s Alpha: 0,877; Variante 2 Cronbach’s Alpha: 0,852).
Um zu untersuchen, ob es bezüglich des Verständnisses der Antwortskala Unterschiede zwischen den beiden Varianten gab und worin diese bestehen, erhielten die Befragten zu dem Item „Terrorismus“ eine Category Selection Probe gestellt, d. h. sie wurden gebeten, zu erklären, warum sie sich für den jeweiligen Skalenwert entschieden haben.
Testpersonen, die sich keine oder wenige Sorgen machten, begründeten dies häufig damit, dass Deutschland ein sicheres Land sei, die zuständigen Behörden, wie der Verfassungsschutz, gute Arbeit leiste, oder dass die (häufig ländliche) Region, in der sie lebten, kein typisches Ziel von Terrorismus sei. Weitere Begründungen waren, dass man bisher noch nie von Terrorismus betroffen war, wenig(er) darüber in den Medien gelesen oder gehört habe und sich zu dem Thema selten Gedanken mache, oder dass man Terrorismus im Vergleich zu den anderen Themen als weniger dringend empfinde:
„Ich […] vertraue darauf, dass der Verfassungsschutz uns schützt und vor Schaden durch Terroristen bewahrt.“ (TP377, „Überhaupt nicht besorgt“)
„Terrorismus ist in unserer Kleinstadt so gut wie nicht relevant.“ (TP407, „Wenige Sorgen“)
„Terrorattacken betreffen meist Großstädte oder politische Ziele, in deren Nähe weder ich noch andere Familienangehörige wohnen. Im Verhältnis zu anderen Problemen macht mir das also weniger Sorgen.“ (TP450, „Wenige Sorgen“)
„Ich denke, dass andere Länder für Terrorismus und dessen Erfolge zugänglicher sind als Deutschland.“ (TP454, „Eher nicht besorgt“)
„Ich habe das nicht in der Hand und kann auch nichts dagegen tun, deshalb mache ich mir keine Sorgen.“ (TP482, „Überhaupt nicht besorgt“)
„Deutschland ist ein sicheres Land.“ (TP545, „Eher nicht besorgt“)
Testpersonen, die eher oder sehr besorgt waren, erklärten dies am häufigsten damit, dass Terrorismus zugenommen habe, sie sich davor fürchteten, dass Terrorismus unberechenbar sei und daher jeden überall treffen könne, und dass sie ihn in den Medien stark wahrnehmen würden:
„Da Terrorismus leider immer mehr wird.“ (TP383, „Einige Sorgen“)
„Momentan häufen sich Meldung zu terroristischen Ereignissen, das finde ich beängstigend.“ (TP448, „Einige Sorgen“)
„Weil es unberechenbar ist.“ (TP533, „Viele Sorgen“)
Zudem erklärten einige Testpersonen ihre Sorgen um Terrorismus mit Problemen durch Einwanderung, insbesondere aus islamischen Ländern und einer allgemeinen Zunahme an Kriminalität.
Insgesamt gaben vier Testpersonen (2,0 %) Begründungen, die nicht zu ihrer gewählten Antwort passten. Alle Personen, deren Antwortverhalten nicht zu ihren Begründungen passte, waren der Variante 1 zugeordnet, bei der die Antwortskala von „Überhaupt nicht besorgt“ bis „Sehr besorgt“ ging. Drei dieser Personen gaben an, bezüglich Terrorismus „eher“ oder „sehr“ besorgt zu sein. Als sie ihre Antwort begründen sollten, zeigten sie allerdings eine eher sorglose Haltung:
„Ich habe keine Angst.“ (TP559, „Eher besorgt“)
„Es ist sicher.“ (TP577, „Sehr besorgt“)
Empfehlungen zu Antwortkategorien:Auf Basis der quantitativen Auswertung ergibt sich ein gemischtes Bild bezüglich der zu bevorzugenden Antwortskala. Testpersonen, die Variante 2 („Sorgen haben“) erhielten, nutzten die vier Antwortoptionen etwas gleichmäßiger als Testpersonen in Variante 1 („besorgt sein“). Betrachtet man die Skala als Ganzes, zeigt sich bei Variante 1 („besorgt sein“) ein signifikant höherer Grad an Besorgtheit, sowie eine leicht höhere interne Konsistenz der Items und höhere Trennschärfen (Item-Skala-Korrelation). Keine der beiden Varianten führte zu einem erhöhten Item Nonresponse.
Alternatives Antwortformat, das getestet wurde:
Überhaupt keine Sorgen
Wenige Sorgen
Einige Sorgen
Sehr viele Sorgen
Eingesetzte kognitive Technik/en:Category Selection Probing, Comprehension Probing, Specific Probing
Empfehlungen:Im Rahmen der qualitativen Auswertung der Antwortskala anhand der Items „Terrorismus“ und „Pandemien / weltweite Seuchen“ zeugten nur wenige Antworten davon, dass die Testpersonen die Antwortoptionen falsch interpretierten. Zudem zeigten die Testpersonen ein korrektes Verständnis der Items „organisierte Kriminalität“ und „Pandemien / weltweite Seuchen“. Auf Basis der kognitiven Nachfragen besteht kein Grund zur Überarbeitung der Items, noch eine eindeutige Präferenz für eine der beiden Frage- bzw. Antwortformulierungen. Variante 1 entspricht stärker einer verbal ausbalancierten Skala („besorgt sein“).
Befund zum Item:Was verstehen die Testpersonen unter „organisierter Kriminalität“?
Etwa die Hälfte der Testpersonen (n = 118) wurde gefragt, was sie unter „organisierter Kriminalität“ versteht.
Knapp drei Viertel der Testpersonen (72,5 %, n = 49) definierten „organisierte Kriminalität“ als das Vorhandensein von Bandenstrukturen, oder mit Begriffen wie „Clans“ oder der „Mafia“. Sie erklärten, dass es sich dabei nicht um Einzelpersonen, sondern um professionelle Einheiten handele. Des Weiteren betonten einige Testpersonen, dass es bei organisierter Kriminalität um geplante Straftaten gehe („Sobald kriminelle Handlungen durch Gruppen/Clans organisiert und nicht als (evtl. spontane) Taten Einzelner begangen werden.“, TP360).
Vereinzelt nannten die Testpersonen Arten von Straftaten, die sie mit „organisierter Kriminalität“ in Verbindung brachten. Dazu gehörten Drogen-, Menschen- und Waffenhandel, sowie das Bilden von Kartellen. In mehreren Fällen nannten die Testpersonen Straftaten, die sowohl von organisierten Banden als auch von Einzeltätern durchgeführt werden, wie Überfälle, Einbrüche, Erpressung, Cyberkriminalität wie Stalking und Kinderpornographie, und das Durchführen von Attentaten oder Terroranschlägen. Nur eine Testperson nannte fälschlicherweise Kleinkriminalität. Zuletzt nannten sechs Testpersonen Korruption und Verbindungen zur Politik in ihrer Definition („Geschäftsmäßig bis in Regierungskreise, Betrug und Korruption.“, TP371).
Thema der Frage:Individuum & Persönlichkeit/ Stimmung & Emotionen
Empfehlungen:Im Rahmen der qualitativen Auswertung der Antwortskala anhand der Items „Terrorismus“ und „Pandemien / weltweite Seuchen“ zeugten nur wenige Antworten davon, dass die Testpersonen die Antwortoptionen falsch interpretierten. Zudem zeigten die Testpersonen ein korrektes Verständnis der Items „organisierte Kriminalität“ und „Pandemien / weltweite Seuchen“. Auf Basis der kognitiven Nachfragen besteht kein Grund zur Überarbeitung der Items, noch eine eindeutige Präferenz für eine der beiden Frage- bzw. Antwortformulierungen. Variante 1 entspricht stärker einer verbal ausbalancierten Skala („besorgt sein“).
Befund zum Item:Was verstehen die Befragten unter „Pandemien / weltweite Seuchen“ und wie begründen sie ihre Antwort?
Die Testpersonen, die nicht die Nachfrage zu „organisierter Kriminalität“ erhielten, wurden in einer geschlossenen Nachfrage gebeten anzugeben, ob sie beim Beantworten des Items „Pandemien / weltweite Seuchen“ vorwiegend an „gesundheitliche Auswirkungen (eigene Erkrankung, Erkrankung naher Angehöriger, hohe Anzahl Todesopfer etc.)“ oder vorwiegend an „Gesellschaftliche Auswirkungen (Schließung von Geschäften, Schulen und Betreuungseinrichtungen, Maskenpflicht, Ausgangssperren etc.)“ gedacht hatten. Die Mehrheit (59,0 %, n = 72) gab an, vorwiegend an die gesundheitlichen Auswirkungen gedacht zu haben, während 41,0 % (n = 50) an gesellschaftlichen Auswirkungen dachten.
Darüber hinaus wurden diese Testpersonen gebeten, ihre Antwort auf das Item zu begründen. Befragte, die „überhaupt nicht“ oder „eher nicht“ besorgt waren, erklärten dies am häufigsten damit, dass Pandemien und Seuchen schon immer ein Teil der Menschheitsgeschichte waren und ein natürlicher Prozess seien, über den man sich nicht sorgen, sondern normal weiterleben solle:
„Seuchen gibt es immer wieder in der Menschheitsgeschichte.“ (TP394, „Wenige Sorgen“)
„Es sollte ein normales Leben weitergelebt werden.“ (TP406, „Wenige Sorgen“)
„Es ist nur natürlich, dass diese Dinge passieren.“ (TP691, „Überhaupt keine Sorgen“)
Zudem gaben einige Testpersonen an, dass die Gesellschaft aufgrund der Corona-Pandemie aktuell gut auf solche Ereignisse vorbereitet sei. Andere Testpersonen reagierten genervt auf das Thema Pandemie und gaben an, Corona überdrüssig zu sein („Ich kann es nicht mehr hören.“, TP322) oder dass die Pandemie vor allem auf Medienhype und Panikmache beruhe, und ihnen keine Angst mache.
Testpersonen, die sich als „eher“ oder „sehr“ besorgt einstuften, gaben an, dass die Corona-Pandemie ihr Bewusstsein dafür gestärkt hätte, dass Pandemien geschehen und folglich in Zukunft wiederkehren können. Zudem äußerten sich mehrere Testpersonen besorgt, dass die Globalisierung Pandemien begünstige oder dass es ihrem Eindruck nach aktuell vermehrt zu Krankheitswellen komme. Des Weiteren äußerten einzelne Testpersonen, dass sie die Gesellschaft eher schlecht auf solche Pandemien vorbereitet sehen, bspw. im Zuge von Medikamentenmangel, und sich sowohl um die Gesundheit ihrer Familien als auch um die Gesellschaft und Wirtschaft sorgen.
Grundsätzlich passten die Begründungen der Testpersonen inhaltlich zu ihren Antworten auf die Frage und es konnten keine Unterschiede zwischen den verwendeten Skalen festgestellt werden. Lediglich in zwei Fällen gaben Testpersonen an, „besorgt“ zu sein, obwohl sie als Antwort auf die Frage „eher nicht besorgt“ geantwortet hatten bzw. andersherum.
Thema der Frage:Individuum & Persönlichkeit/ Stimmung & Emotionen