Optimizing Probing Procedures for
Cross-National Web Surveys
(CICOM 2)
Fragetext:Manche Leute meinen, dass die folgenden Dinge wichtig sind, um wirklich ein Deutscher/
eine Deutsche zu sein. Andere halten sie für nicht wichtig. Wie stufen Sie diese
Dinge ein?
Instruktionen:(Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.)
Befund zur Multi-Item-Skala:Systematisch getestet wurden die Items b) und d). Zu den anderen Items liegen – wenn überhaupt –
nur spontane Reaktionen der Testpersonen vor.
Eine Testperson äußert sich spontan sehr negativ und irritiert über die gesamte Item-Batterie der Frage
3. Das Thema der Frage ist der Testperson sichtlich unangenehm:
„Das sind heute richtig unangenehme, eklige Fragen. […] Da habt ihr euch den Richtigen ausgesucht
für solche Fragen. Also die Fragen sind echt sau doof. Also das geht gar nicht.“ (TP
03).
Die Testperson kreuzt bei jeder Aussage „kann ich nicht sagen“ an, wobei sie damit ausdrücken möchte,
„dass mir die Frage nicht gefällt, dass ich dazu eigentlich gar nichts sagen will.“ Die Testperson kritisiert
die Frageformulierung, da „man nichts machen muss, um Deutscher zu sein oder Deutscher zu
werden“.
Empfehlungen zur Multi-Item-Skala:Um die Frageintention deutlicher zu machen, empfehlen wir, den Fragetext etwas zu modifizieren
und auf den Einleitungssatz zu verzichten. Vorschlag:
„Für wie wichtig halten Sie die folgenden Dinge, um wirklich ein Deutscher/eine Deutsche zu
sein?“
Die darauf folgenden Items könnten darüber hinaus in Konjunktionalsätze überführt werden,
wodurch man auf den Infinitiv verzichten könnte:
Item a): Dass man in Deutschland geboren wurde
Item b): Dass man die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt
Item c): Dass man….
usw.
Eingesetzte kognitive Technik/en:Category Selection Probing, General Probing, Comprehension Probing, Specific Probing.
Itemtext:Die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen
Empfehlungen:Item belassen (oder Konjunktionalsatz: „Dass man die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.“).
Befund zum Item:Für zwölf Testpersonen ist es „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“, die deutsche Staatsangehörigkeit zu
besitzen, um wirklich ein Deutscher/eine Deutsche zu sein. Acht dieser Testpersonen begründen ihre
Antwort damit, dass dies einfach „mit dazu gehöre“: Zum einen sei es Teil der Identität, zum anderen
eine Voraussetzung dafür, um als Deutscher zu gelten, auch im rechtlichen Sinne:
„Ich denke, wenn man Deutscher sein möchte, dann sollte man die Staatsangehörigkeit haben.
Ich kann ja auch nicht sagen, ich bin Fußballer und spiele keinen Fußball. So denke ich,
gehört das einfach mit dazu.“ (TP 05)
„Ich finde schon, dass die Staatsangehörigkeit bedeutet, dass man eben aus dem Land kommt
und dass man da herkommt und dass man einen deutschen Pass hat und das finde ich schon
wichtig. Das ist ja auch ein Teil der Identität, wenn man sich damit ausweist.“ (TP 08)
„Weil man das so gemeinhin… also wenn jemand sagt, er ist Deutscher, dann geht man davon
aus, dass er einen deutschen Pass hat. Deshalb gehört das irgendwie eng zusammen, die deutsche
Staatsangehörigkeit zu haben und Deutscher zu sein.“ (TP 09)
Die anderen vier Testpersonen verbinden mit dem Besitz bzw. dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
Rechte und Pflichten. Erst dadurch habe man beispielsweise das Recht der politischen Partizipation
und es würde als Zeichen gesehen, dass man sich Deutschland zugehörig fühle und sich auch
dazu bekenne:
„Ich finde, mit der deutschen Staatsangehörigkeit besitzt man gewisse Rechte, aber auch
Pflichten, die einen auch zu gewissen Dingen drängen. Deswegen finde ich es schon wichtig,
dass man nach den gleichen Regeln leben muss/sollte, wie die anderen Deutschen.“ (TP 07)
„Also wenn man in Deutschland geboren ist, dann ist man ja automatisch Deutscher, dann
besitzt man automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft. Für mich hat die Frage sich jetzt
mehr auf Migranten bezogen, die lange in Deutschland leben. Da finde ich es schon wichtig.
Ich denke schon, dass ich sehr tolerant bin, aber ich finde, dass wenn man länger hier lebt
und auch Rechte einfordert, dann sollte man sich auch dazu bekennen und sagen, ich will
das, ich will die deutsche Sprache lernen […].“ (TP 17)
Eine Testperson empfindet es als „sehr wichtig“, die deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen, um wirklich
ein Deutscher/eine Deutsche zu sein. Gleichzeitig seien aber „Ausländer, die hier eine Staatsbürgerschaft
bekommen, keine Deutschen“ (TP 12).
Fünf derjenigen Testpersonen, die angeben, dass es „nicht sehr wichtig“ sei, die deutsche Staatsangehörigkeit
zu besitzen, um wirklich ein Deutscher/eine Deutsche zu sein, sehen die deutsche Staatsbürgerschaft
als etwas Formales an, das nur auf dem Papier existiere. Wichtiger sei für diese Testpersonen,
dass die Institutionen, Gesetze und der Rechtsstaat geachtet würden, dass man sich hier wohl und
zugehörig fühle, dass man hier lebe, arbeite und Steuern zahle.
Die zwei anderen Testpersonen, die das Item als „nicht sehr wichtig“ einstufen, missverstehen die Intention
der Frage. TP 02 interpretiert die Frage so, als ob es darum ginge, welche Vorteile man durch
die deutsche Staatsangehörigkeit habe bzw. welchen Wert man der deutschen Staatsangehörigkeit
beimesse. Ihre Antwort begründet sie dann mit dem Hinweis, dass Einwanderer die deutsche Staatsangehörigkeit
heute ohne weiteres, einfach so bekommen würden und es daher nicht mehr wichtig sei,
vorweisen zu können, in Deutschland geboren zu sein:
„Daher ist das nicht mehr sehr wichtig. Das war mal wichtig, dass man vorweisen kann, man
ist in diesem Land geboren. Aber heutzutage ist das ja gang und gäbe, dass einer sagt, er ist
Deutscher, obwohl er hier nicht geboren ist.“ (TP 02)
Testperson 04 interpretiert die Frage so, als ob gefragt würde, wie wichtig es einem selbst sei, dass
Menschen, mit denen man zu tun hat, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen:
„Das ist nicht sehr wichtig für mich. Wenn man ein guter Mensch ist, ist man ein guter
Mensch. Ob das jetzt ein Türke, Albaner oder Italiener ist spielt für mich keine Rolle. Bei der
Arbeit ist es mir zum Beispiel auch nicht wichtig, mit wem ich zusammenarbeite, es ist nur
wichtig, sich gut zu verstehen und sich gut verständigen zu können.“ (TP 04)
Insgesamt bekamen 15 der 20 Testpersonen die zusätzliche Nachfrage „Was bedeutet für Sie deutsche
Staatsangehörigkeit“? gestellt. Mit „deutsche Staatsangehörigkeit“ assoziieren die Testpersonen vor
allem den deutschen Pass (zehn TPs) bzw. in Deutschland geboren zu sein (eine TP). Vier Testpersonen
verbinden damit Rechte und Pflichten, die man hat, denen man aber auch unterliegt.
Thema der Frage:Religion & Kultur/ Kulturelle Identität
Konstrukt:Wichtigkeit deutscher Identitätsmerkmale
Ja
Den größten Teil des Lebens in Deutschland gelebt zu haben
Empfehlungen:Item belassen (oder Konjunktionalsatz: „Dass man ein Christ ist“).
Befund zum Item:Die Mehrzahl der Testpersonen gibt an, es sei „nicht sehr wichtig“ (vier TPs) oder „überhaupt nicht
wichtig“ (13 TPs) ein Christ zu sein, um wirklich ein Deutscher/eine Deutsche zu sein. Begründet wird
dies von allen Testpersonen damit, dass „Christ sein“ keine Relevanz für die Definition eines Deutschen/
einer Deutschen habe. Um ein Deutscher/eine Deutsche zu sein müsse man überhaupt nicht
religiös sein, zumal es auch Deutsche gäbe, die keine Christen seien.
Lediglich eine Testperson (TP 20) findet es „eher wichtig“, ein Christ zu sein, um wirklich ein Deutscher/
eine Deutsche zu sein. Begründet wird dies damit, dass auch im Grundgesetz „christliche Traditionen“
verankert seien und dass in Deutschland immer Christen gelebt hätten.
Zwei weitere Testpersonen entscheiden sich für die Antwortkategorie „kann ich nicht sagen“. Während
die eine Testperson (TP 03) bei jeder Frage „kann ich nicht sagen“ gewählt hat, weil ihr die Fragen
insgesamt thematisch widerstrebten („Also ich finde die Fragen echt daneben. Man muss kein Christ
sein, um Deutscher zu sein. Also es gibt nichts, das man machen muss, um Deutscher zu sein oder
Deutscher zu werden.“), stößt bei TP 18 nur diese Aussage auf Ablehnung. Diese Testperson fragt nach,
was diese Frage bedeuten soll und ist der Meinung, dass man sie weglassen könnte, da Deutschland ein
laizistischer Staat sei.
Mit dem Begriff „Christ sein“ verbinden die Testpersonen insbesondere gläubig zu sein (neun TPs), einer
Kirche anzugehören (drei TPs) bzw. getauft zu sein (drei TPs). Eine Testperson verbindet damit zusätzlich
moralische Grundwerte. Diese Nachfrage wurde insgesamt nur 16 Testpersonen gestellt, wovon
eine Testperson sagt, sie könne diese Frage nicht beantworten (TP 04). Trotz dieser heterogenen Definitionen
liefern unsere (verbalen) Daten jedoch keine Hinweise darauf, dass die Antworten der Testpersonen
sich in Abhängigkeit der jeweiligen Definition systematisch voneinander unterscheiden.
Thema der Frage:Religion & Kultur/ Kulturelle Identität
Konstrukt:Wichtigkeit deutscher Identitätsmerkmale
Ja
Die deutschen politischen Institutionen und Gesetze zu achten
Itemtext:Die deutschen politischen Institutionen und Gesetze zu achten
Empfehlungen:Das Item enthält einen doppelten Stimulus (politische Institutionen, Gesetze) und es wäre
denkbar, dass Befragte das Achten politischer Institutionen für weniger wichtig halten als das
Achten von Gesetzen (oder umgekehrt). Daher sollten hier zwei Fragen gestellt werden.
Frage 1: Um zu verdeutlichen, auf welche „politischen Institutionen“ sich das Item bezieht,
sollte dies anhand von zwei bis drei Beispielen verdeutlicht werden, z.B.: „Die deutschen politischen
Institutionen, wie z.B. Regierung oder Parlament, zu achten“.
Frage 2: „Die deutschen Gesetze zu achten“ oder als alternative Formulierung „Das deutsche
Grundgesetz zu achten“, wenn mit dem Item erfasst werden soll, ob das deutsche Rechtssystem
und die Demokratie als Staatsform geachtet werden.
Befund zum Item:Zwei Testpersonen konnten mit dem Begriff „politische Institutionen“ nichts anfangen, davon stellt
sich eine Testperson zusätzlich die Frage, welche Gesetze in der Frage gemeint seien. Die andere Testperson
beantwortet die Frage aufgrund der Unklarheit bzgl. des Begriffes der „politischen Institutionen“
mit „kann ich nicht sagen“.
Thema der Frage:Religion & Kultur/ Kulturelle Identität
Konstrukt:Wichtigkeit deutscher Identitätsmerkmale