Psygiene (Händedesinfektion im beruflichen Alltag)
Fragetext (Befund/Empfehlungen):Ich bin sicher, dass ich mir auch dann vor und nach jeder potentiell infektionsgefährdenden Tätigkeit meine Hände desinfizieren kann, …
Befund zum Fragetext:Die Frage insgesamt wird von fünf Testpersonen kritisiert. Sie sei „vom Sprachlichen her komplizierter“ als die Fragen 1 bis 3 (TP 05), „komplex“ (TP 06), „ verwirrend, […] das liest sich nicht so flüssig“ (TP 13), „etwas schwieriger vom Verständnis her [...]. Die ist so gestellt, dass man eher noch einmal nachlesen muss“ (TP 17).
Kritik geübt wird an der gemeinsamen Verwendung der Begriffe „sicher“ und „kann“: „Ja, können tue ich viel… Diese Mischung aus ‚sicher’ und ‚kann’ ist ein Freibrief“ (TP 09). Kritisiert wird auch die gemeinsame Verwendung der Begriffe „sicher“ und „auch“, was zu Schwierigkeiten beim Bewerten der dann folgenden Aussagen geführt habe (TP 13).
Und TP 19 schließlich bewertet die Frage als zu ausschließlich und empfiehlt deshalb, den Begriff „kann“ durch den Begriff „könnte“ zu ersetzen. Und sie fasst zusammen: „Ich verstehe halt den Sinn der Frage nicht wirklich“ (TP 19).
Empfehlungen zum Fragetext:Frageformulierung ändern:
Vorschlag 1:
„Ich bemühe mich darum, mir vor und nach jeder infektionsgefährdenden Tätigkeit die Hände zu desinfizieren, auch…“
Vorschlag 2:
„Ich versuche, mir vor und nach jeder infektionsgefährdenden Tätigkeit die Hände zu desinfizieren, auch…“
Instruktionen:Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.
Itemtext:a) ... wenn ich mich dazu überwinden muss.
Empfehlungen:Umformulierung:
Vorschlag 1:
„… wenn ich mich dazu einmal überwinden müsste“.
Vorschlag 2:
„…wenn mir das vielleicht manchmal nicht leicht fällt“.
Befund zum Item:Elf Testpersonen stufen sich bei den Skalenwerten 6 und 7 ein. Es gibt vier Nennungen auf dem mittleren Skalenpunkt und drei bei „überhaupt nicht“; TP 16 hat das Item nicht bewertet, weil ihr der Begriff „überwinden“ im Zusammenhang mit der Händedesinfektion „nicht treffend“ erschien. Und genau das ist das Problem bei Item a): Acht der 19 Testpersonen stören sich an dem Begriff „überwinden“, den sie mit der Händedesinfektion gar nicht in Zusammenhang bringen:
„Ich muss mich gar nicht überwinden, das ist eher ein Reflex.“> (TP 01)
„Die erste Frage ist ein bisschen komisch [...]. Also das mit dem Überwinden verstehe ich nicht wirklich. Was damit sein soll? Was muss ich da überwinden, um die Hände zu desinfizieren?“ (TP 03)
„Wenn ich mich dazu überwinden muss? Was hat das mit Überwinden zu tun? Die ist komisch gestellt. Das hat doch nichts mit Überwinden zu tun.“ (TP 06)
„Ich weiß nicht, warum ich mich überwinden sollen müsste, meine Hände zu desinfizieren.“ (TP 07)
„Ich für meinen Teil bin mir sicher, dass ich das tue. Was muss ich da überwinden? Da sträubt sich was in mir.“ (TP 15)
„Bei Überwinden denke ich an etwas Ekelhaftes, was trotzdem getan werden muss. Und Hände desinfizieren ist ja nicht eklig.“ (TP 16)
„Warum sollte ich mich da überwinden?“ (TP 17)
„Die Frage 4 verstehe ich nicht ganz. Wenn ich mich dazu überwinden muss?“ (TP 18)
Die Probing-Frage, ob man sich Situationen vorstellen könnte, in denen man sich zur Händedesinfektion „überwinden“ müsse, wird zumeist schnell und kategorisch mit „Nein“ beantwortet. Eher werde die Händedesinfektion „mal vergessen“ (TP 02) oder wegen Zeitdrucks vernachlässigt (TP 13, TP 14).
Wenn überhaupt Situationen beschrieben werden, bei denen man im Zusammenhang mit der Händedesinfektion von „überwinden“ sprechen würde, dann beziehen sich diese auf Verletzungen an der Hand („Also ich kenne es, wenn ich mich mal irgendwo verletzt habe und merke dann, wenn ich die Hände desinfiziere, dass es brennt.“, TP 20), auf Allergien oder vergleichbare Probleme (TP 05, TP 20) oder weil bestimmte Desinfektionsmittel schlecht riechen (TP 06).
TP 04 dreht das Argument um: „Da bin ich so ein bisschen hängen geblieben mit der Formulierung, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass man sich zur Händedesinfektion ‚überwinden’ muss. Das ist ja eher umgekehrt, dass es Situationen gibt, wo man froh ist, dass man sich die Hände desinfizieren kann.“
Itemtext:b) … wenn meine Vorgesetzten dies nicht tun.
Empfehlungen:Item belassen.
Befund zum Item:Die Häufigkeitsverteilung zu Item b) zeigt, dass Händedesinfektion mit Vorgesetzten nichts zu tun hat; 17 der 19 Testpersonen geben an, dass es „voll und ganz“ zutreffe, dass sie ihre Hände auch dann desinfizieren, wenn ihre Vorgesetzten dies nicht tun. Händedesinfektion ist ein „Reflex“ (TP 01), sollte Folge selbständigen Handelns sein (TP 14), „eigene Ansichtssache“ (TP 17) oder schlicht „mein eigenes Ding“ (TP 15). Das Verhalten von Vorgesetzten, die von einigen Testpersonen in der medizinischen Arbeit durchaus als „Vorbild“ (z.B. TP 01, TP 14) bezeichnet werden, spielt bei der Händedesinfektion keine Rolle:
„Das ist kein Grund für mich, es auch nicht zu machen. Es ist mein eigener Schutz. Also das Ganze bezieht sich ja nicht nur darauf, dass ich meine Patienten gefährde, sondern auch dass ich mich selber schütze. Und meine Familie in dem Moment.“ (TP 20).
Kritik an der Formulierung des Items wird nicht geäußert. Auch fühlen sich die Testpersonen bei der Bewertung von Item a) in ihrem Urteil viel häufiger „sehr sicher“ oder „eher sicher“, während sich bei Item b) doch einige Testpersonen als „eher unsicher“ oder gar „sehr unsicher“ einstufen.
Diese Unsicherheit zeigt sich auch bei der Probing-Frage, was nach Ansicht der Testpersonen das Ziel dieser Frage sei: Bei Item b) wird häufig auf das Problem von Vorbild oder Vorbildfunktion rekurriert, während bei Item a) doch häufiger Unklarheit oder Unverständnis signalisiert wird. Ansonsten gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Überlegungen zum Sinn der Frage; unter anderem werden Begriffe genannt wie „persönliche Barrieren“ überwinden (TP 02), Händedesinfektion in Abhängigkeit von „äußeren Gegebenheiten“ (TP 06), „psychologische Faktoren“ (TP 07), „eigene Handlungsstrategie“ oder „Nachmacheffekt“ (TP 09) oder „so ein Gruppenverhalten wahrscheinlich“ (TP 17) – insgesamt also ein eher breites Spektrum vermuteter Zielsetzungen, die mit der Frage verbunden sein könnten.