Thema der Frage:

Politische Einstellung und Verhalten

Multi-Item-Skala:

Itemtext:

Wenn sich für eine politische Entscheidung eine große Mehrheit findet, spricht das dafür, dass die Entscheidung richtig ist.

Verschiedene Antwortformate getestet:

Nein

Konstrukt:

Einstellungen zu Merkmalen von demokratischen Verfahren

Befund zum Item:

Bis auf zwei Befragte, welche die „weiß nicht“-Kategorie ausgewählt haben, konnten sich alle Befragten auf der Antwortskala verorten. Die Befragten nutzen die volle Skalenbreite, wobei die Mehrheit (50%) der Aussage nicht zustimmt (Skalenwerte 1 bis 3), 16% der Befragten sich für die Mittelkategorie (Skalenwert 4) entscheiden und 33% der Aussage zustimmen (Skalenwerte 5 bis 7).

Auf die Category Selection Probe („Bitte erläutern Sie Ihre Antwort noch etwas näher. Warum haben Sie sich für diese Antwort entschieden?“) geben 46% der Befragten ein klares Statement für oder gegen das in der Frage thematisierte Mehrheitsprinzip ab. Davon sind 16% der Meinung, dass Mehrheitsentscheidungen grundsätzlich richtig sind und daher stimmen diese Testpersonen dem Item auch zu (Skalenwerte 5 bis 7):
  • „Weil diese Entscheidung richtig ist, wenn viele der gleichen Meinung sind. Es geht ja ums allgemeine Wohl.“ (TP 40, Antwort: 6)
  • „So falsch kann das dann ja nicht sein, wenn sich eine große Mehrheit einig ist!“ (TP 57, Antwort: 7)
30% der Befragten sprechen sich eindeutig dagegen aus, dass Mehrheitsentscheidungen notwendigerweise richtig sind und stimmen dem Item daher nicht zu (Skalenwerte 1 bis 3) oder wählen die Mittelkategorie (Skalenwert 4):
  • „Die Mehrheit muss nicht automatisch Recht haben.“ (TP 13, Antwort: 2)
  • „Ich habe mich für die Mitte entschieden. Nur weil es eine große Mehrheit findet, muss die Entscheidung nicht richtig sein.“ (TP 54, Antwort: 4)
26% der Testpersonen begründen ihre Antworten weniger mit einer generellen Zustimmung oder Ablehnung des Mehrheitsprinzips als damit, dass sie an konkrete Beispiele von Mehrheitsentscheidungen gedacht haben, welche ihre Antworten beeinflusst haben. Hier werden hauptsächlich Aspekte wie Propaganda, Fraktions-/Koalitionszwang, Lobbyismus oder Manipulationen durch Medien genannt:
  • „Ich bin grundsätzlich dafür, dass die Masse Recht hat, aber 1933 hatten wir schon mal einen Fall, wo es nicht so war.“ (TP 01, Antwort: 5)
  • „Ich unterstelle dabei, dass die Mehrheit in Bundes- oder Landtag o.ä. gefunden wurde. Bei diesen Gremien regieren Koalitionszwang und Lobbyismus.“ (TP 18, Antwort: 4)
  • „Gelungene Propaganda kann zu idiotischen Hypes führen - nur so konnte eine Partei wie die NSDAP an die Macht kommen.“ (TP 50, Antwort: 2)
  • „Die große Mehrheit hat nur die Möglichkeit aus der Presse die Informationen zu bekommen - da wird leider oftmals nur in eine Richtung informiert.“ (TP 97, Antwort: 3)
Etwa 17% der Befragten geben an, dass sie die Aussage nicht pauschal beantworten können, da es immer auch von der Situation abhinge, ob Mehrheitsentscheidungen richtig sind oder nicht bzw. sich die Richtigkeit einer Entscheidung häufig erst im Nachhinein herausstelle:
  • „Es kommt auf die Sache an. Manchmal ist die öffentliche Meinung emotional bedingt und nicht sachlich kompetent entschieden.“ (TP 16, Antwort: 4)
  • „Ob eine Entscheidung richtig ist, kann sich erst später herausstellen, daher habe ich mich nicht für 7 entschieden.“ (TP 104, Antwort 5)
Darüber hinaus machen die Antworten der Befragten auf die Category Selection Probe deutlich, dass der Begriff „Mehrheit“ in diesem Item nicht eindeutig definiert ist und daher unterschiedlich verstanden wird. Während ein Teil der Befragten hauptsächlich an „Mehrheiten bei Abstimmungen in politischen Gremien“ denkt, interpretiert ein anderer Teil der Befragten den Begriff als „Mehrheit in der Bevölkerung.“ Die vorliegenden Daten weisen zwar nicht darauf hin, dass die unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs einen systematischen Einfluss auf die Beantwortung des Items haben (z.B. in der Weise, dass Personen mit Interpretation A dem Item eher zustimmen als Personen mit Interpretation B), allerdings geben drei Befragten explizit an, dass ihnen die Beantwortung des Items aufgrund der Mehrdeutigkeit des Begriffs schwer gefallen sei:
  • „Es ist nicht definiert wer diese Mehrheit bildet! Das Volk oder die Politiker?“ (TP 05, Antwort: weiß nicht)
  • „Kommt auf die Art der Mehrheit an; ist es die Mehrheit im Bundestag, die von der Partei mit den meisten Sitzen zustande kam oder ist es die Mehrheit, die aufgrund eines Bürgerentscheids zustande kam?“ (TP 26, Antwort: 5)
  • „Die Frage ist für mich, wie sich diese Mehrheit zusammensetzt – ist sie repräsentativ oder aus einer bestimmten Gruppe heraus definiert?“ (TP 76, Antwort: 4)
Auf die Nachfrage, an welche politischen Entscheidungen die Testpersonen beim Beantworten der Frage gedacht haben, nennen mehr als 50% der Befragten aktuelle politische Themen, wie z.B. „Flüchtlingspolitik“ oder „Renteneintrittsalter“. Etwa 11% der Testpersonen nennen politische Ereignisse aus der jüngeren oder älteren Vergangenheit (z.B. „Einführung des Euro.", TP 13; „Wie die Mehrheit auch manipuliert werden kann, bestes Beispiel ist für mich die Hitlerzeit.“, TP 52). Gut 30% der Befragten geben an, an keine bestimmte Situation gedacht zu haben (z.B. „Ich hatte kein genaues Bespiel im Sinn.“, TP 19; „Ich sehe das eher allgemein.“, TP 34).

Empfehlungen:

Wir empfehlen, die Formulierung „Mehrheit“ näher zu definieren, um Unklarheiten in Bezug auf den Begriff zu vermeiden. Eine mögliche Formulierung des Items wäre:
„Wenn sich für eine politische Entscheidung eine große Mehrheit in der Bevölkerung findet, spricht das dafür, dass die Entscheidung richtig ist.“