Bewertung der Einkommensverteilung

Einleitungstext:

Version 1:
Besserverdiener verdienen brutto durchschnittlich 6.700 Euro im Monat.

Damit verdienen sie mehr als 90 % aller Deutschen.

Version 2:
Besserverdiener wie z. B. Ärzte, Ingenieure oder Universitätsprofessoren verdienen brutto durchschnittlich 6.700 Euro im Monat. Damit verdienen sie mehr als 90 % aller Deutschen.
In der zweiten Frageversion wählt niemand den Wert zwischen „gerecht“ und „ungerecht niedrig“. Zwölf bis 13 Testpersonen entscheiden sich für den Wert „gerecht“, sechs bis sieben weitere für einen/den Wert zwischen „gerecht“ und „ungerecht hoch“ und eine wählt „ungerecht hoch“.

Fünf Testpersonen ändern ihre Antwort in der zweiten Frageversion aufgrund der genannten Berufsgruppen.

Zwei Testpersonen ändern ihre Antwort auf den Mittelwert „gerecht“, die davor der Ansicht waren, dass dieses Gehalt tendenziell ungerecht hoch sei (TP 04, 15). Beide begründen dies damit, dass Ärzte als Beispiele genannt wurden. Eine der Testpersonen findet, dass dies auch für Professoren gerechtfertigt sei. Zwei weitere Testpersonen (TP 02, 18) ändern ihre Antwort von „ungerecht hoch“ auf den Wert zwischen „gerecht“ und „ungerecht hoch“, weil die Beispielberufe sie zu einem milderen Urteil bewegen („Ich finde der Arzt hat es schon verdient. Er ist dazu da, um Leute zu untersuchen und sie wieder gesund zu machen. Für einen Universitätsprofessor ist das auch eher gerecht. Vielleicht hat er nicht 6.700€ verdient, aber auf jeden Fall mehr als ein Lehrer. Der Ingenieur… also wenn ich zwischen Skalenpunkt 3 und 4 noch eine Option hätte, würde ich mich für diese entscheiden.“; TP 02, zeichnet einen Punkt zwischen „gerecht“ und dem Zwischenwert zwischen „gerecht“ und „ungerecht hoch“).

Testperson 18 kann sich bei Version 1 nicht vorstellen, wann ein solches Gehalt gerechtfertigt sein soll. Sie wählt in der ersten Frageversion den Wert „ungerecht hoch“: „Es ist einfach zu hoch, weil sie jetzt nur noch 10% repräsentieren. Da frage ich mich, was sind das für Berufe, die so ungerecht viel verdienen.“ Nach der Nennung der Beispielberufe ändert sie ihre Antwort auf den Skalenpunkt zwischen „gerecht“ und „ungerecht hoch“: „Bei den Architekten finde ich es etwas zu hoch. Bei den Ärzten sagt man, die retten so viele Leben. Es ist irgendwo gerechtfertigt, dass sie für ihre Arbeit belohnt werden. Professoren, klar, die müssen viel studiert haben. Die fangen spät an etwas zu verdienen, aber andererseits machen sie so viele Geschäfte.“

Eine Testperson ändert ihre Antwort von dem Wert zwischen „gerecht“ und „ungerecht hoch“ auf „ungerecht hoch“ (TP 05). Sie ärgert sich, dass ihr Mann als Pflegekraft im OP zu den Gutverdienern gehört, der Arzt, der diese Assistenz für die Operationen zwingend braucht, aber zu den Besserverdienenden.

Fragetext:

Finden Sie das Einkommen von Besserverdienern in Deutschland gerecht, [ungerecht niedrig oder ungerecht hoch / ungerechterweise zu niedrig oder ungerechterweise zu hoch]?
Frageformulierung bzw. Skalenbeschriftung

Auch die Frageformulierung und davon abhängig die spätere Skalenbeschriftung wurde den Testpersonen in zwei Varianten vorgelegt. In der ersten Variante lautete die Frage, ob das Einkommen der jeweiligen Einkommensgruppe „gerecht, ungerecht niedrig oder ungerecht hoch“ sei. Die zweite Variante fragte, ob die Einkommen „gerecht, ungerechterweise zu niedrig oder ungerechterweise zu hoch“ seien.

Vierzehn Testpersonen bevorzugen die kürzere Formulierung „ungerecht niedrig oder ungerecht hoch“ in Liste 1. Die meisten begründen dies damit, dass Liste 1 kürzer, schneller und dadurch einfacher zu lesen ist. Liste 2 wird dagegen als unnötig kompliziert oder untypisch wahrgenommen:
  • „Weil ich die Skalierung in Liste 1 leichter erklärt finde.“(TP 01)
  • „Liste 1 ist ansprechender, einfacher. Ungerechterweise, das Wort habe ich noch nie benutzt. Würde ich das schreiben? Es gefällt mir nicht.“ (TP 05)
  • „–weise finde ich komisch. Das ist für mich kein Wort, das ist ein Zustand.“ (TP 06)
  • „Liste 1 ist ein bisschen kürzer. Es wird schneller klar. Ungerechterweise – würde das jemand sagen?“ (TP 09)
  • „Bei Liste 2 muss man ums Eck denken.“ (TP 11)
  • „Weil es weniger kompliziert klingt, eingängiger.“ (TP 14)
Zwei Testpersonen sehen einen inhaltlichen Unterschied zwischen den beiden Listen und nehmen Liste 2 wertender wahr als Liste 1:
  • „Das [Liste 2] ist schon gewertet, das finde ich unnötig. Ungerecht ist ungerecht. ‚Ungerechterweise‘ hört sich für mich umständlich an.“ (TP 06)
  • „Es hat halt schon eine Wertung mit drin. Dieses ‚ungerechterweise‘ suggeriert ‚Das ist niedrig, also ungerecht‘. Das nimmt etwas vorweg, was man dem Leser vielleicht selber überlassen sollte.“ (TP 11)
Die längere Formulierung „ungerechterweise zu niedrig oder ungerechterweise zu hoch“ in Liste 2 wird von sechs Testpersonen präferiert. Die Testpersonen erklären dies alle damit, dass die Formulierung schöner sei:
  • „Ich finde zwar Liste 1 besser verständlich, weil man es schon sehr oft so gesehen hat, aber ich finde Liste 2 besser formuliert.“ (TP 02)
  • „Das Wort ‚ungerechterweise‘ gefällt mir einfach besser als ‚ungerecht‘.“ (TP 10)
  • „Das andere gefällt mir nicht so. Ungerechterweise ist einfach eine schönere Formulierung.“ (TP 12)
  • „Weil ‚ungerechterweise zu niedrig‘ für mich deutlicher ist als ‚ungerecht niedrig‘.“ (TP 17)
Geschlecht, Alter, höchster Schulabschluss und Muttersprache der Testpersonen haben keinen systematischen Einfluss darauf, welche Formulierung als verständlicher und leichter zu beantworten bewertet wird.

Antwortkategorien:

1 Ungerecht(erweise zu) niedrig
2
3 Gerecht
4
5 Ungerecht(erweise zu) hoch
Die Skala wurde den Testpersonen in zwei Varianten vorgelegt, die sich in der Anzahl der Skalenpunkte unterschieden. Die erste Variante hatte insgesamt fünf, die zweite Variante elf Skalenpunkte. In beiden Varianten lautete die erste Antwortoption „ungerecht(erweise zu) niedrig“, die mittlere Antwortoption „gerecht“ und die letzte Antwortoption „ungerecht(erweise zu) hoch“ lautete. Die Punkte dazwischen waren nicht beschriftet.

Mit 16 Testpersonen präferiert die deutliche Mehrheit die kürzere, 5-stufige Skala zum Beantworten der Fragen. Im Vergleich zur 11-stufigen Skala wird diese als einfacher, weniger anstrengend, geradliniger und konkreter empfunden:
  • „Es ist konkreter.“(TP 03)
  • „Mich würde es irgendwie nerven, wenn man sich denkt, man könnte es etwas kürzer fassen.“ (TP 13)
  • „Fünf Stufen reichen vollkommen aus. Außerdem überblickt man die 5-stufige Skala besser – es ist übersichtlicher.“ (TP 17)
Die 11-stufige Skala wird als unnötig kompliziert beschrieben:
  • „Da reicht eigentlich die 5-stufige Skala. Hier gibt es nicht so viele Zwischenschritte beziehungsweise es gibt einen Schritt dazwischen und diesen finde ich gut, also zwischen ‚gerecht‘ und ‚ungerechterweise zu hoch‘ oder ‚ungerechterweise zu niedrig‘. Aber so viele Zwischenschritte wie in Version B gibt es nicht.“ (TP 02)
  • „Ich glaube, ich würde mich bei der 11-stufigen Skala eher verzetteln. Das [5-stufig] ist geradliniger.“ (TP 06)
  • „Die fünf Abstufungen reichen mir. Alles andere würde mich eher anstrengen.“ (TP 08)
  • „Sonst muss man zu viel überlegen. Bei der Längeren weiß man dann nicht, was man ankreuzen soll.“ (TP 09)
Vier Testpersonen entscheiden sich allerdings gerade deshalb für die 11-stufige Skala, weil sie ihre Antworten damit besser differenzieren können:
  • „Weil sich die Frage nicht immer so leicht beantworten lässt. Hier habe ich dann doch die Grautöne mehr drin.“ (TP 11)
  • „Da hat man ein bisschen mehr Möglichkeiten. Das ist nicht so anstrengend, denn da kann man mehr Abstufungen machen.“ (TP 12)
  • „Ich finde die weitere Streuung besser, deshalb Liste B.“ (TP 16)

Alternatives Antwortformat, das getestet wurde:

1 Ungerecht(erweise zu) niedrig
2
3
4
5
6 Gerecht
7
8
9
10
11 Ungerecht(erweise zu) hoch

Empfehlungen:

  • Das Nennen von Beispielberufen im Fragetext wird von der deutlichen Mehrheit der Testpersonen bevorzugt. Insbesondere bei den mittleren Einkommensgruppen unterstützt es Testpersonen dabei, sich ein Bild der jeweiligen Einkommensgruppe zu machen, und führt zu anderen Antworten als wenn die Frage ohne Beispielberufe gestellt wird. Allerdings beziehen die Testpersonen in diesem Fall ihre Antworten in erster Linie auf die Beispielberufe, und nicht auf den genannten Einkommenswert. Sofern das Ziel der Frage darin besteht, die Höhe des Einkommens zu beurteilen, empfehlen wir, auf das Nennen von Beispielberufen zu verzichten.
  • Die Perzentilsätze werden nur von wenigen Testpersonen im Zuge ihrer Erläuterungen erwähnt und eher als zusätzliche Information von den Testpersonen herangezogen. Die Ergebnisse des Pretests legen daher nahe, die Perzentilsätze nicht zu nennen. Sollte jedoch auf das Nennen von Beispielberufen verzichtet werden, könnte den Perzentilsätzen eine stärkere Rolle bei der Einordnung der Einkommensgruppen zukommen.
  • Bezüglich der Anzahl der zu bewertenden Einkommensgruppen empfehlen wir, alle fünf Gruppen beizubehalten. Die Testpersonen haben insbesondere von den beiden „Randgruppen“ der Geringverdiener und Topverdiener eine deutliche Vorstellung. Hingegen zeigen einige Testpersonen Unsicherheiten, welche Berufsgruppen den drei mittleren Einkommensgruppen zuzuordnen sind. Daher ist die fünfte Gruppe der Topverdiener hilfreich für die Beantwortung der Fragen insgesamt.