Bewertung der Einkommensverteilung

Introduction:

Version 1:
Gutverdiener verdienen brutto durchschnittlich 4.100 Euro im Monat.
Damit verdienen sie mehr als 80 % aller Deutschen.

Version 2:
Gutverdiener wie z.B. Lehrer, Polizisten oder Softwareentwickler verdienen brutto durchschnittlich 4.100 Euro im Monat.
Damit verdienen sie mehr als 80 % aller Deutschen.
In der zweiten Version der Frage sieht die Antwortverteilung etwas anders aus. Jeweils eine Testperson wählt „ungerecht niedrig“ und den Wert zwischen „ungerecht niedrig“ und „gerecht“. 14 Testpersonen wählen „gerecht“ und drei einen/den Wert zwischen „gerecht“ und „ungerecht hoch“. Eine Testperson wählt „ungerecht hoch“. Niemand lässt in dieser Version die Frage unbeantwortet.

Sieben Testpersonen ändern ihre Antwort in der zweiten Frageversion aufgrund der genannten Berufsgruppen, mehr als bei allen anderen Fragen. Zudem gehen die Änderungen in verschiedene Richtungen.

Zwei Testpersonen, die zuvor den Wert „gerecht“ gewählt haben, ändern ihre Antwort nach unten in Richtung „ungerecht niedrig“. In beiden Fällen empfinden die Testpersonen es als ungerecht, dass Lehrer nicht besser verdienen:
  • „Lehrer brauchen wir hier, das fehlt wirklich. Auch die Polizei. Diese Personen müssen wirklich mehr verdienen als ein Softwareentwickler.“(TP 03)
  • „Weil ich denke, ein Lehrer hat studiert und er verdient so viel wie ich. Für seinen Job sollte er aber mehr verdienen als ich.“ (TP 10)
Testperson 18 korrigiert ihre Antwort ebenfalls nach unten, allerdings von „ungerecht hoch“ in Richtung „gerecht“: „Es ist wieder abhängig von der Berufsgruppe. Bei Polizisten finde ich es gerecht-fertigt, weil sie sich für die Gesellschaft mit ihrem Leben einsetzen.“

Eine andere Testperson ändert ihre Antwort von „gerecht“ auf einen Zwischenwert in Richtung „ungerecht hoch“, weil sie Softwareentwickler für überbezahlt hält (TP 07).

Zuletzt konnte eine Testperson (TP 19) die erste Version der Frage nicht beantworten und gibt erst bei der zweiten Version eine Antwort: „Bei dieser Frage kommt es drauf an, welche Berufe damit gemeint sind. Davon habe ich bei dieser Gehaltshöhe gar keine Vorstellung.“ Da die Person aufgrund des Vorgehens im Pretest weiß, dass ihr die Frage nochmal mit Beispielberufen vorgelegt wird, sollte dies allerdings nicht überbewertet werden.

Question Text:

Finden Sie das Einkommen von Gutverdienern in Deutschland gerecht, [ungerecht niedrig oder ungerecht hoch / ungerechterweise zu niedrig oder ungerechterweise zu hoch]?
Frageformulierung bzw. Skalenbeschriftung

Auch die Frageformulierung und davon abhängig die spätere Skalenbeschriftung wurde den Testpersonen in zwei Varianten vorgelegt. In der ersten Variante lautete die Frage, ob das Einkommen der jeweiligen Einkommensgruppe „gerecht, ungerecht niedrig oder ungerecht hoch“ sei. Die zweite Variante fragte, ob die Einkommen „gerecht, ungerechterweise zu niedrig oder ungerechterweise zu hoch“ seien.

Vierzehn Testpersonen bevorzugen die kürzere Formulierung „ungerecht niedrig oder ungerecht hoch“ in Liste 1. Die meisten begründen dies damit, dass Liste 1 kürzer, schneller und dadurch einfacher zu lesen ist. Liste 2 wird dagegen als unnötig kompliziert oder untypisch wahrgenommen:
  • „Weil ich die Skalierung in Liste 1 leichter erklärt finde.“(TP 01)
  • „Liste 1 ist ansprechender, einfacher. Ungerechterweise, das Wort habe ich noch nie benutzt. Würde ich das schreiben? Es gefällt mir nicht.“ (TP 05)
  • „–weise finde ich komisch. Das ist für mich kein Wort, das ist ein Zustand.“ (TP 06)
  • „Liste 1 ist ein bisschen kürzer. Es wird schneller klar. Ungerechterweise – würde das jemand sagen?“ (TP 09)
  • „Bei Liste 2 muss man ums Eck denken.“ (TP 11)
  • „Weil es weniger kompliziert klingt, eingängiger.“ (TP 14)
Zwei Testpersonen sehen einen inhaltlichen Unterschied zwischen den beiden Listen und nehmen Liste 2 wertender wahr als Liste 1:
  • „Das [Liste 2] ist schon gewertet, das finde ich unnötig. Ungerecht ist ungerecht. ‚Ungerechterweise‘ hört sich für mich umständlich an.“ (TP 06)
  • „Es hat halt schon eine Wertung mit drin. Dieses ‚ungerechterweise‘ suggeriert ‚Das ist niedrig, also ungerecht‘. Das nimmt etwas vorweg, was man dem Leser vielleicht selber überlassen sollte.“ (TP 11)
Die längere Formulierung „ungerechterweise zu niedrig oder ungerechterweise zu hoch“ in Liste 2 wird von sechs Testpersonen präferiert. Die Testpersonen erklären dies alle damit, dass die Formulierung schöner sei:
  • „Ich finde zwar Liste 1 besser verständlich, weil man es schon sehr oft so gesehen hat, aber ich finde Liste 2 besser formuliert.“ (TP 02)
  • „Das Wort ‚ungerechterweise‘ gefällt mir einfach besser als ‚ungerecht‘.“ (TP 10)
  • „Das andere gefällt mir nicht so. Ungerechterweise ist einfach eine schönere Formulierung.“ (TP 12)
  • „Weil ‚ungerechterweise zu niedrig‘ für mich deutlicher ist als ‚ungerecht niedrig‘.“ (TP 17)
Geschlecht, Alter, höchster Schulabschluss und Muttersprache der Testpersonen haben keinen systematischen Einfluss darauf, welche Formulierung als verständlicher und leichter zu beantworten bewertet wird.

Answer Categories:

1 Ungerecht(erweise zu) niedrig
2
3 Gerecht
4
5 Ungerecht(erweise zu) hoch
Die Skala wurde den Testpersonen in zwei Varianten vorgelegt, die sich in der Anzahl der Skalenpunkte unterschieden. Die erste Variante hatte insgesamt fünf, die zweite Variante elf Skalenpunkte. In beiden Varianten lautete die erste Antwortoption „ungerecht(erweise zu) niedrig“, die mittlere Antwortoption „gerecht“ und die letzte Antwortoption „ungerecht(erweise zu) hoch“ lautete. Die Punkte dazwischen waren nicht beschriftet.

Mit 16 Testpersonen präferiert die deutliche Mehrheit die kürzere, 5-stufige Skala zum Beantworten der Fragen. Im Vergleich zur 11-stufigen Skala wird diese als einfacher, weniger anstrengend, geradliniger und konkreter empfunden:
  • „Es ist konkreter.“(TP 03)
  • „Mich würde es irgendwie nerven, wenn man sich denkt, man könnte es etwas kürzer fassen.“ (TP 13)
  • „Fünf Stufen reichen vollkommen aus. Außerdem überblickt man die 5-stufige Skala besser – es ist übersichtlicher.“ (TP 17)
Die 11-stufige Skala wird als unnötig kompliziert beschrieben:
  • „Da reicht eigentlich die 5-stufige Skala. Hier gibt es nicht so viele Zwischenschritte beziehungsweise es gibt einen Schritt dazwischen und diesen finde ich gut, also zwischen ‚gerecht‘ und ‚ungerechterweise zu hoch‘ oder ‚ungerechterweise zu niedrig‘. Aber so viele Zwischenschritte wie in Version B gibt es nicht.“ (TP 02)
  • „Ich glaube, ich würde mich bei der 11-stufigen Skala eher verzetteln. Das [5-stufig] ist geradliniger.“ (TP 06)
  • „Die fünf Abstufungen reichen mir. Alles andere würde mich eher anstrengen.“ (TP 08)
  • „Sonst muss man zu viel überlegen. Bei der Längeren weiß man dann nicht, was man ankreuzen soll.“ (TP 09)
Vier Testpersonen entscheiden sich allerdings gerade deshalb für die 11-stufige Skala, weil sie ihre Antworten damit besser differenzieren können:
  • „Weil sich die Frage nicht immer so leicht beantworten lässt. Hier habe ich dann doch die Grautöne mehr drin.“ (TP 11)
  • „Da hat man ein bisschen mehr Möglichkeiten. Das ist nicht so anstrengend, denn da kann man mehr Abstufungen machen.“ (TP 12)
  • „Ich finde die weitere Streuung besser, deshalb Liste B.“ (TP 16)

Alternative Answer Format Tested:

1 Ungerecht(erweise zu) niedrig
2
3
4
5
6 Gerecht
7
8
9
10
11 Ungerecht(erweise zu) hoch

Recommendations:

  • Das Nennen von Beispielberufen im Fragetext wird von der deutlichen Mehrheit der Testpersonen bevorzugt. Insbesondere bei den mittleren Einkommensgruppen unterstützt es Testpersonen dabei, sich ein Bild der jeweiligen Einkommensgruppe zu machen, und führt zu anderen Antworten als wenn die Frage ohne Beispielberufe gestellt wird. Allerdings beziehen die Testpersonen in diesem Fall ihre Antworten in erster Linie auf die Beispielberufe, und nicht auf den genannten Einkommenswert. Sofern das Ziel der Frage darin besteht, die Höhe des Einkommens zu beurteilen, empfehlen wir, auf das Nennen von Beispielberufen zu verzichten.
  • Die Perzentilsätze werden nur von wenigen Testpersonen im Zuge ihrer Erläuterungen erwähnt und eher als zusätzliche Information von den Testpersonen herangezogen. Die Ergebnisse des Pretests legen daher nahe, die Perzentilsätze nicht zu nennen. Sollte jedoch auf das Nennen von Beispielberufen verzichtet werden, könnte den Perzentilsätzen eine stärkere Rolle bei der Einordnung der Einkommensgruppen zukommen.
  • Bezüglich der Anzahl der zu bewertenden Einkommensgruppen empfehlen wir, alle fünf Gruppen beizubehalten. Die Testpersonen haben insbesondere von den beiden „Randgruppen“ der Geringverdiener und Topverdiener eine deutliche Vorstellung. Hingegen zeigen einige Testpersonen Unsicherheiten, welche Berufsgruppen den drei mittleren Einkommensgruppen zuzuordnen sind. Daher ist die fünfte Gruppe der Topverdiener hilfreich für die Beantwortung der Fragen insgesamt.