1. Wo hätten sich diejenigen Testpersonen einsortiert, auf die keines der beiden Geschlechter zutrifft, falls die dritte Kategorie nicht genannt worden wäre?
Von den insgesamt 60 Testpersonen wählt keine Person die dritte Kategorie als Antwort aus. Demnach ist unklar, wie sich Personen einsortieren würden, auf die keines der beiden Geschlechter zutrifft, wenn die dritte Kategorie nicht genannt worden wäre.
2. Wie bewerten die Testpersonen das Hinzufügen einer dritten Kategorie für das Geschlecht?
Die große Mehrheit der Testpersonen begrüßt das Hinzufügen einer dritten Kategorie für das Geschlecht oder steht dem neutral gegenüber (
„Ich finde das gut. Zum einen, weil es meiner Meinung nach Leute inkludiert, die sich nicht zuordnen wollen, die non-binär sind. Und zum anderen ist es – glaube ich – mittlerweile rechtlich vorgeschrieben, ein drittes Geschlecht anzugeben.“, TP 31) . Nur Testperson 22 kritisiert das Hinzufügen:
„Das ist aus meiner Sicht eigentlich schlecht. Man weiß nie, wer einem gegenüber sitzt und dann wird er mit so etwas konfrontiert. Der sagt sich vielleicht ‚was soll denn der Mist?!?‘ Oder derjenige, der tatsächlich diese Veranlagung hat, der fühlt sich vielleicht persönlich angegriffen. Zurzeit ist es ja so, dass es in der Öffentlichkeit nur männlich/weiblich gibt.“
3. Empfinden die Testpersonen die Begriffe „intersexuell“ und „divers“ als passend für das dritte Geschlecht?
Von den insgesamt 30 Testpersonen im persönlich-mündlichen und schriftlichen Befragungsmodus empfinden 21 Personen die Bezeichnung „intersexuell“ als passend. Drei weitere Testpersonen finden die Bezeichnung „intersexuell“ nicht optimal bzw.
„noch etwas ungewohnt“ (TP 13), geben aber an, keine bessere bzw. passendere Bezeichnung zu kennen (TP 04, 13, 23):
- „Schwierige Frage. Ich wüsste keine andere Bezeichnung.“ (TP 04)
- „So ganz rund finde ich das nicht, aber einen anderen Vorschlag hätte ich jetzt auch nicht.“ (TP 23)
Vier Testpersonen (TP 02, 05, 07, 09) stören sich an dem Begriff, da er ihrem Verständnis nach auf die sexuelle Orientierung bzw. die sexuellen Vorlieben von Personen abzielt und nicht auf ihr Geschlecht (gender):
„Aber ‚intersexuell‘ finde ich nicht so ganz schön weil das sofort so eine Kategorie aufmacht. Als ob die Leute nur auf ihre sexuelle Praktiken beschränkt sind.“ (TP 07). Zwei weitere Testpersonen bevorzugen einen „neutraleren Begriff“ wie z.B. „Andere“ (TP 20) oder „Divers“ (TP24).
Von den insgesamt 30 Testpersonen im telefonischen und Online-Befragungsmodus finden 20 Testpersonen die Bezeichnung „divers“ passend. Drei Testpersonen (TP 38, 39, 52) finden den Begriff nicht optimal, können aber auch keine bessere bzw. passendere Bezeichnung nennen:
- „Ich bin schon öfter über den Begriff ‚divers‘ gestolpert. Ich glaube ich finde ihn nicht so passend, aber ehrlich gesagt habe ich auch keine andere Möglichkeit parat. Vielleicht muss man sich auch erst einmal daran gewöhnen. ‚Divers‘ heißt ja verschieden eigentlich, weiß nicht, ob das so der richtige Begriff ist.“ (TP 38)
Drei Testpersonen (TP 33, 34, 37) geben an, dass Personen, welche sich dem dritten Geschlecht zuordnen, diese Bezeichnung als diskriminierend empfinden könnten:
„Nicht ganz optimal. Würde ich jetzt vielleicht, wenn ich mich dieser Kategorie zuordnen würde oder könnte, sogar als leicht diskriminierend empfinden.“ (TP 33).
Als alternative Bezeichnungen nennen die Testpersonen „Keine Angabe“ (TP 14) und „Andere“ (TP 17, 20, 57).
4. Alternative A: „Anderes“ vs. „Intersexuell“ / “Divers“
Im kognitiven Interview wurden die Testpersonen gefragt, ob sie die alternative Formulierung „Anderes“ für das dritte Geschlecht gegenüber der ursprünglichen Formulierung („Intersexuell“ bzw. „Divers“) bevorzugen oder nicht.
Insgesamt finden 13 von 30 Testpersonen im persönlich-mündlichen und schriftlichen Befragungsmodus die alternative Formulierung „Anderes“ besser als „Intersexuell“, da dieser Begriff neutraler und von der Mehrheit besser zu verstehen sei (
„Eigentlich wäre ‚Anderes‘ sinnvoller, weil es ja vielleicht noch andere Sachen gibt, die ich nicht kenne.“; TP 11).
Dagegen präferieren 16 Testpersonen in diesen beiden Modi die ursprüngliche Formulierung „intersexuell“ und begründen dies damit, dass „Anderes“ zu vage, abwertend und eher negativ konnotiert sei:
- „Auf den ersten Blick fand ich es jetzt schlechter, weil ‚Anderes‘ gleich herabwürdigender ist. Also dass es eben suggeriert, dass das nicht der Normalfall ist, sondern etwas anderes.“ (TP 01)
- „Dadurch, dass es das Wort ‚normal‘ gibt, ist ‚anderes‘ alles das, was nicht normal ist.“ (TP 05)
- „‚Anderes‘ klingt irgendwie mehr wie ein Gegenstand und nicht wie ein Geschlecht.“ (TP 19)
Nur Testperson 12 findet beide Formulierungen gleich gut.
Im telefonischen und Online-Befragungsmodus präferieren zehn Testpersonen die alternative Formulierung „Anderes“ gegenüber „Divers“. Die alternative Formulierung sei allgemein verständlicher und weniger negativ konnotiert:
- „Gefühlsmäßig ist das menschlicher als ‚divers‘.“ (TP 36)
- „Ist verständlicher für so Normale wie mich.“ (TP 43)
- „‚Anderes‘ ist halt deutsch und viele verstehen es besser, ist gängiger.“ (TP 54)
Insgesamt finden 14 Testpersonen im telefonischen sowie im online Befragungsmodus die alternative Formulierung „Anderes“ schlechter als „Divers“. Begründet wird insbesondere damit, dass „Anderes“ ausgrenzend und zu vage sei:
- „Weil ich glaube, dass ‚Anderes‘ eher ein ausschließender Begriff ist, während ‚Divers‘ an sich keinen Ausschluss der anderen beiden Geschlechter vollziehen würde.“ (TP 31)
- „Weil der Begriff ‚Anderes‘ impliziert, dass du dich von den richtigen bzw. den wahren Geschlechtern unterscheidest. Und das finde ich nicht gut.“ (TP 38)
- „Tendenziell schlechter, weil ‚Anderes‘ mehr wie eine Restkategorie klingt, die irgendwie weniger wert ist als die anderen beiden.“ (TP 59)
Sechs Testpersonen finden beide Formulierungen gleich gut.
5. Alternative B: „Geschlechtseintrag beim Meldeamt“
Die Testpersonen wurden gebeten, die ursprüngliche Frageformulierung auch mit einer zweiten Alternative zu vergleichen, welche lautete:
„Mit welchem Geschlechtseintrag sind Sie beim Meldeamt gemeldet?“
Insgesamt finden 13 der 60 Testpersonen die alternative Frageformulierung besser. Begründet wird dies vor allem mit der erhöhten Förmlichkeit, die mit dieser Version einhergeht. Allerdings haben viele dieser Testpersonen bei der kognitiven Nachfrage ein Verständnisproblem und beziehen sich in ihrem Urteil noch immer auf die Antwortoptionen und nicht ausschließlich auf den umformulierten Fragetext:
- „Diese Karte finde ich besser. Auch gerade weil es beim Meldeamt für mich alles ein bisschen offizieller, förmlicher ist. Und man deshalb mit dem Begriff ‚Anderes‘ besser zurechtkommt. Also vor allem aufgrund der Förmlichkeit.“ (TP 01)
- „In dem Zusammenhang mit Meldeamt und so weiter. Gefällt mir da jetzt der Begriff ‚Anderes‘ besser als ‚Intersexuell‘, muss ich sagen.“ (TP 03)
Die große Mehrheit, bestehend aus 35 Testpersonen, findet die alternative Frageformulierung schlechter als die ursprüngliche Version. Begründet wird dies damit, dass die Frage in der alternativen Formulierung B unnötig verkompliziert und erschwert wird:
- „Die finde ich schlechter, weil die einfach um den Brei redet. Weil sie halt einfach um das eigentliche Thema so ein bisschen herumschlängelt. Also ich finde das ist eine Frage, die man viel direkter formulieren könnte.“ (TP 04)
- „Die erste Version finde ich besser, die hört sich weniger kompliziert an, die versteht man sofort.“ (TP 41)
Zehn Testpersonen sind unentschieden und finden beide Frageformulierungen gleich gut. Dabei wird argumentiert, dass beide Formulierungen etwas anderes erfragen und diese somit nicht vergleichbar seien. Während die alternative Formulierung (B) auf das offiziell gemeldete Geschlecht abziele, schließe die ursprüngliche Formulierung auch das gefühlte Geschlecht mit ein:
„Das kommt drauf an, was man wissen möchte. Wenn man tatsächlich ganz formell wissen möchte, wie jemand gemeldet ist beim Meldeamt, dann ist die alternative Karte B die passende. Möchte man auch noch erfassen, wie sich derjenige selbst definieren würde, fühlt, dann ist die Originalversion sinnvoller. Also abhängig davon, was man wissen möchte, als besser oder schlechter kann ich das nicht einordnen.“ (TP 47)
6. Kommentieren die Testpersonen die Positionierung der dritten Kategorie (am Ende der Antwortkategorien vs. in der Mitte zwischen männlich und weiblich)?
Keine der 60 Testpersonen kommentiert die Positionierung der dritten Kategorie, d.h. niemand äußert sich dahingehend, dass das dritte Geschlecht eher zwischen männlich und weiblich präsentiert/gefragt werden soll denn am Ende der Antwortkategorien.
7. Gibt es Unterschiede je nach Modus der Befragung?
Ein Vergleich über alle vier Modi ist nicht möglich, da die Bezeichnung des dritten Ge-schlechts nach der Durchführung der Interviews in den ersten zwei Modi geändert wurde. Es liegt allerdings die Vermutung nahe, dass das Anbieten einer dritten Kategorie in schriftlichen Befragungen stärker akzeptiert wird als das Vorlesen in persönlichen Interviews (persönlich-mündlich, telefonisch), da in diesen beiden Modi bisher die Zuordnung des Geschlechts durch die Interviewer anhand äußerer Merkmale oder der Stimmlage vorgenommen wurden.