Befund zu Antwortkategorien:Im Vergleich mit den entsprechenden Daten zu Frage 1 erweisen sich die Testpersonen hier als ein wenig „treffsicherer“. Nur drei Testpersonen hätten sowohl einen Skalenwert weniger als einen Skalenwert mehr als den gewählten angeben können; vier mal wäre der um eins niedrigere Skalenwert eindeutig denkbar gewesen, nur einmal der um eins höhere. Insbesondere was den um eins höheren Skalenwert angeht, sind sich viele Testpersonen im Klaren, dass der nicht in Frage gekommen wäre. Dennoch insgesamt auch hier eine erkennbare Unsicherheit bei der Einstufung auf der Skala, die sich ausdrückt in Formulierungen wie „ja eventuell“ (TP 2), „im Prinzip schon“ (TP 5), „wäre in Frage gekommen“ (TP 13), „wäre möglich gewesen“ (TP 14) oder „kommt auf die Situation an“ (TP 17).
Empfehlungen zu Antwortkategorien:Auch bei diesem Item wäre die Breite der Skala zu diskutieren.
Generelle Empfehlungen zu Fragen 1-4:
Bei den Fragen 1 bis 4 wird mit einer 11-Punkte-Skala gearbeitet, die sich in allen Fällen als zu breit erwiesen und die Differenzierungsfähigkeit der Testpersonen überfordert hat. Zwar versuchen die Testpersonen – von einer Fluchttendenz in die Mitte bei drei der vier Skalen – sich inhaltlich ernsthaft mit der Skala auseinanderzusetzen und entsprechend sich auch einzustufen, doch gelingt es in einer Vielzahl der Fälle nicht; gefragt, ob man sich auch auf einem Skalenpunkt plus oder minus des genannten hätte einsortieren können, wird dies oft bejaht oder zumindest nicht explizit verneint.
Von daher empfehlen wir, die Skala schmaler zu machen, und wir schlagen eine endpunktbenannte 7er-Skala vor.
Empfehlungen:Zur Frageformulierung schlagen wir die folgende Änderung vor:
Int.: Liste 6 vorlegen – „Wie schätzen Sie sich persönlich ein: Wie risikobereit sind Sie im Allgemeinen? Antworten Sie bitte mit dieser Skala.“
Generelle Empfehlungen zu Fragen 1-4:
Es ist erkennbar, dass sich die Testpersonen bei der Beantwortung der Fragen 1 bis 4 nicht einheitlich oder auch nur mehrheitlich auf eine bestimmte Zeit beziehen, sondern quer Beet an Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft oder Kombinationen davon.
Wenn es aus der Sicht der Fragenkonstrukteure wichtig ist, hier eine einheitliche Regelung zu finden, werden wir nicht umhin kommen, die Zeit, auf die man sein Augenmerk beim Antworten fokussieren soll, in der Frageformulierung zu präzisieren.
Aus der Sicht der Testleiter ist es technisch falsch – und bewirkt auch bei den Testpersonen spontane „Fehlreaktionen“ – dass die Frageformulierung nicht die gleichen Stimuli setzt wie die Benennung der Skalenendpunkte.
Entsprechende Veränderungsvorschläge wurde bei den jeweiligen Fragen unterbreitet.
Und schließlich empfehlen wir für den Fall, dass die Fragen in gleicher Anzahl und Reihenfolge auch in der Hauptstudie gestellt werden sollen, eine flüssigere Vorgehensweise derart, dass die Frageformulierungen verschlankt werden; so könnte auf die ständige Wiederholung der Floskel „Wie schätzen Sie sich persönlich ein?“ ohne Verluste verzichtet werden. Auch auf die Wiederholung der Skalenerklärung kann verzichtet werden, wenn sie bei Frage 1 einmal erfolgt ist.
Befund zur Frage:Die Bearbeitung von Frage 2 wurde mit einem Think-aloud-Verfahren eingeleitet, bei dem die Testpersonen zunächst in ihre Aufgabe eingewiesen wurden:
„Ich werde Ihnen jetzt die nächste Frage vorlesen. Bitte antworten Sie nicht sofort, sondern sagen Sie mir erst alles, an was Sie denken oder was Ihnen durch den Kopf geht, bevor Sie die Frage beantworten. Sagen Sie bitte auch Dinge, die Ihnen vielleicht unwichtig erscheinen.“
Erst nach dieser Einleitung wurde dann die Frage gestellt.
Die Ergebnisse des Think-aloud-Verfahrens sind in der folgenden Übersicht dargestellt; in mindestens drei Fällen hat das Verfahren nicht funktioniert, weil die Testpersonen (TP 09, 10, 11) nicht laut gedacht, sondern gleich einen Skalenwert angeben haben.
"Das kommt auf die Situation an. Ich gehe kein Risiko ein, egal, bei was. Manchmal bin ich aber auch mutig." (TP 01)
"Ich vermeide Risiken eher, ich bin ein sehr sicherheitsbedürftiger Mensch und auch nicht ein spontaner Mensch, sondern ich überlege mir alles und deshalb mag ich auch nicht so risikobereit, deshalb neige ich nicht so sehr zur Risikobereitschaft." (TP 02)
"Ich versuche, Risiken zu vermeiden." (TP 03)
"Ich versuche, Risiken zu vermeiden, aber es muss schon klar sein, um was es geht. Wenn es um mein Geld geht, bin ich sehr vorsichtig, aber wenn ich z.B. bei rot über die Ampel geh, bin ich dann risikofreudig? Es kommt auf die Situation an." (TP 04)
"Leichte Tendenz zu risikobereit, eher risikobereit. Welche Risiken geht man so im Alltag ein oder allgemein, wagt man auch ungewöhnliche Wege zu gehen, wie verhält man sich im Straßenverkehr? Also fährt man vernünftig vorausschauend oder drückt man aufs Gaspedal, alles wo man aufpassen sollte, Sexualleben, dass man irgendwo aufpasst mit Kondomen und so, alles mögliche riskanter Genussmittelkonsum und Gesundheit, wie sehr man auf seine Gesundheit allgemein achtet, Sport. Bei natürlich welche Sportart, ob man klettert ohne Absicherung, U–Bahn surfen." (TP 05)
"Ich versuche eher Risiken zu vermeiden. Das wäre auf der Skala eben die 5.
INT: und was ist ihnen durch den Kopf gegangen bevor Sie die Frage beantwortet haben? Sehr risikobereit bin ich bei Dingen bei denen ich mich auskenne und gar nicht risikobereit, wo ich mich überhaupt nicht auskenne. Ich bleib lieber, will ich mal sagen “Schuster bleib bei deinen Leisten“, wo du dich auskennst bist du gut und daran halte ich mich." (TP 06)
"(lacht) Was mir als erstes durch den Kopf geht ist, ich könnte risikobereiter sein und die Antwort ist ich versuche Risiken zu vermeiden." (TP 07)
"Also alles was ich bis jetzt gemacht habe ob beruflich oder privat, neige ich eher dazu sichere Sachen zu machen. Privat ob es Vermögenssachen sind oder auch früher beruflich war, ich bin im Ruhestand, aber da habe ich immer so mehr auf Sicherheit tendiert. Nie das große Risiko gesucht." (TP 08)
"Ja, Risiko muss sein, ich bin risikobereit, aber auch manchmal zögerlich. Das ist situationsbedingt." (TP 12)
"Bereit, Risiken einzugehen." (TP 13)
"Ich denke an Risiken, die ich in der Vergangenheit eingegangen bin, das waren doch recht viele, aber mit gutem Ausgang." (TP 14)
"Ja, das letztere. Ich bin ein sehr ängstlicher Mensch, am besten warte ich ab und mache gar nichts. Weil ich vor allen Dingen Angst habe, ich beobachte erst mal, und dann ist es meistens zu spät und ich muss mich gar nicht mehr entscheiden." (TP 15)
"In der Vergangenheit: War ich da risikobereit oder nicht?" (TP 16)
"Ich bin allgemein ein risikoaverser Mensch, für mich ist Sicherheit das höchste Gut, ich bin sehr vorsichtig, ich wäge alles ab, bevor ich etwas tue." (TP 17)
"Das ist schwer zu beantworten, da es situationsabhängig ist, das müsste man näher spezifizieren." (TP 18)
"Wenn’s um den Job geht, vielleicht ja, aber sonst gehe ich kein Risiko ein." (TP 19)
"Kommt drauf an. Normal vermeide ich sie, ich bin eigentlich nicht sehr risikofreudig, egal was das für eine Situation ist. Ich überlege erst." (TP 20)
Das Think-aloud-Verfahren zeigt, dass auch hier das Antwortverhalten in Richtung einer Situationsabhängigkeit läuft: neun der 17 Testpersonen weisen mehr oder weniger explizit darauf hin, dass sie in bestimmten Situationen risikobereit seien, in anderen Situationen dagegen nicht. Nur eine Minderheit bekennt sich dazu, im Allgemeinen eher risikoavers oder risikofreudig zu sein.
Die Frage zu beantworten war offensichtlich schwieriger als bei Frage 1; nur 5 Testpersonen gaben auf Nachfrage an, dass ihnen die Antwort hier „sehr leicht“ gefallen sei. Wie schon beim Think-aloud zu erkennen war, besteht die Schwierigkeit beim Beantworten der Frage vor allem darin, dass Personen ihre Risikofreude in Abhängigkeit von bestimmten Situationen beurteilen. Aber offensichtlich fällt die Selbsteinstufung insgesamt nicht leicht; Probleme entstanden, „weil ich mir unschlüssig war zwischen 4 und 5“ (TP 02), „weil man doch ein bisschen resümieren muss um zu der Entscheidung zu kommen“ (TP 06), „weil ich erst mal überlegen musste, wo ich mich einordne“ (TP 03) – oder einfach: „weil ich überlegen musste“ (TP 20).
Die Schwierigkeit mit der Einstufung insgesamt wie auch mit der Wahrnehmung eigener Risikobereitschaft in Abhängigkeit von bestimmten Situationen zeigt sich auch in den inhaltlichen Werten: 14 der 20 Testpersonen ordnen sich zwischen Skalenwert 3 und 6 ein, also im mittleren Skalenbereich.
Dies machen sie ganz bewusst, wie sich aus den Antworten auf die Frage, warum man sich gerade für den genannten Wert entschieden habe, ergibt: „weil das die Mitte ist“ (TP 02, Wert 5), „das ist der Mittelwert“ (TP 03, Wert 5), „weil das eine 0-1-Entscheidung ist, weil ich dabei in der Mitte bin“ (TP 17, Wert 5) oder „weil das nahe an der Mitte ist“ (TP 18, Wert 6). Oder auch ganz einfach: „Mittelwert ist immer gut, finde ich.“ (TP 20, Wert 5).
Die Frage, ob man beim Beantworten der Frage eher an die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft gedacht habe, wurde wie folgt beantwortet:
Vergangenheit - 6 Testpersonen
Gegenwart - 6 Testpersonen
Zukunft - keine Testpersonen
Vergangenheit und Gegenwart - 1 Testperson
Vergangenheit und Zukunft - 1 Testperson
Gegenwart und Zukunft - 3 Testpersonen
Alle drei - 3 Testpersonen
Von Seiten der Testleiter wurde darauf hingewiesen, dass die Benennung der Skalenendpunkte nicht den Vorgaben in der Frageformulierung entspricht.
Thema der Frage:Individuum & Persönlichkeit/ Verschiedene Merkmale