Entwicklung einer Standardbatterie zur Erfassung psychologischer Merkmale in sozialwissenschaftlichen Umfragen
Einleitungstext:
Nun kommen Fragen zu Ihrer Person.
Fragetext:
Wie schätzen Sie sich persönlich ein: Sind Sie im Allgemeinen ein Mensch, der ungeduldig ist, oder der immer sehr viel Geduld aufbringt?
Antworten Sie bitte mit dieser Skala. Wenn Sie im Allgemeinen sehr ungeduldig sind, geben Sie den Wert 0 an. Wenn Sie im Allgemeinen sehr geduldig sind, geben Sie den Wert 10 an. Mit den Werten dazwischen können Sie Ihr Urteil abstufen.
Instruktionen:
INT: Liste 5 vorlegen INT: Bitte genannten Skalenwert eintragen: ________
Antwortkategorien:
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Befund/Empfehlungen
Die Treffsicherheit, mit der die Skalenwerte vergeben werden, ist nicht sonderlich hoch. 8 der Testpersonen gaben auf Nachfrage an, dass sie auch einen Wert hätten wählen können, der einen Skalenpunkt niedriger war als der gewählte, 6 TP hätten einen um 1 erhöhten Skalenwert wählen können (bei den Testpersonen 11 und 19 war das gar nicht möglich, weil sie den Wert 10 vergeben hatten). Die Testpersonen 1, 7 und 10 hätten sowohl einen Skalenpunkt tiefer als auch einen Skalenpunkt höher gehen können.
Von Seiten der Testleiter wurde darauf hingewiesen, dass die Benennung der Skalenendpunkte nicht den Vorgaben in der Frageformulierung entspricht.
Bei diesem Item wäre – das gilt auch für alle folgenden mit der 11er-Skala zu bewertenden Aussagen – die Breite der Skala zu diskutieren.
Generelle Empfehlungen zu Fragen 1-4:
Bei den Fragen 1 bis 4 wird mit einer 11-Punkte-Skala gearbeitet, die sich in allen Fällen als zu breit erwiesen und die Differenzierungsfähigkeit der Testpersonen überfordert hat. Zwar versuchen die Testpersonen – von einer Fluchttendenz in die Mitte bei drei der vier Skalen – sich inhaltlich ernsthaft mit der Skala auseinanderzusetzen und entsprechend sich auch einzustufen, doch gelingt es in einer Vielzahl der Fälle nicht; gefragt, ob man sich auch auf einem Skalenpunkt plus oder minus des genannten hätte einsortieren können, wird dies oft bejaht oder zumindest nicht explizit verneint.
Von daher empfehlen wir, die Skala schmaler zu machen, und wir schlagen eine endpunktbenannte 7er-Skala vor.
Die Benennung der Endpunkte ist im Wesentlichen verstanden und nachvollzogen worden. Nicht einleuchtend ist, warum die Skalen zu den Fragen 2 bis 4 eindimensional sind, die Skala zu Frage 1 dagegen zweidimensional.
Wir empfehlen, auch die Skala zu Frage 1 eindimensional zu formulieren und den linken Skalenendpunkt mit „überhaupt nicht geduldig“ zu benennen anstatt mit „sehr ungeduldig“.
Empfehlungen:
Von der Fragetechnik her gesehen schlagen wir eine kleine Änderung vor, ebenso was die Frageformulierung angeht: Die Liste wird vorgelegt, bevor die Frage gestellt wird: „Nun kommen Fragen zu Ihrer Person. – Int.: Liste 5 vorlegen – Wie schätzen Sie sich persönlich ein: Sind sie im Allgemeinen ein Mensch, der sehr ungeduldig ist oder ein Mensch, der sehr geduldig ist. Antworten Sie bitte mit dieser Skala….“
Generelle Empfehlungen zu Fragen 1-4:
Es ist erkennbar, dass sich die Testpersonen bei der Beantwortung der Fragen 1 bis 4 nicht einheitlich oder auch nur mehrheitlich auf eine bestimmte Zeit beziehen, sondern quer Beet an Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft oder Kombinationen davon.
Wenn es aus der Sicht der Fragenkonstrukteure wichtig ist, hier eine einheitliche Regelung zu finden, werden wir nicht umhin kommen, die Zeit, auf die man sein Augenmerk beim Antworten fokussieren soll, in der Frageformulierung zu präzisieren.
Aus der Sicht der Testleiter ist es technisch falsch – und bewirkt auch bei den Testpersonen spontane „Fehlreaktionen“ – dass die Frageformulierung nicht die gleichen Stimuli setzt wie die Benennung der Skalenendpunkte.
Entsprechende Veränderungsvorschläge wurde bei den jeweiligen Fragen unterbreitet.
Und schließlich empfehlen wir für den Fall, dass die Fragen in gleicher Anzahl und Reihenfolge auch in der Hauptstudie gestellt werden sollen, eine flüssigere Vorgehensweise derart, dass die Frageformulierungen verschlankt werden; so könnte auf die ständige Wiederholung der Floskel „Wie schätzen Sie sich persönlich ein?“ ohne Verluste verzichtet werden. Auch auf die Wiederholung der Skalenerklärung kann verzichtet werden, wenn sie bei Frage 1 einmal erfolgt ist.
Eingesetzte kognitive Technik/en:
Paraphrasing, Specific Probing, Category Selection Probing.
Befund zur Frage:
Nach Vorlesen der Frage, in der zunächst nur die Stimuli „ungeduldig“ und „sehr viel Geduld“ gesetzt werden, kommt es bei 6 Testpersonen zu spontanen Antworten wie „so mittelmäßig“, „kommt immer darauf an“ oder „eigentlich sehr geduldig“. Dies liegt daran, dass erst nach Vorlesen der Frage die Liste vorgelegt und erklärt wird.
13 Testpersonen gaben auf Nachfrage an, dass die Frage „sehr leicht“ zu beantworten gewesen wäre. Die Schwierigkeiten, die sich für die anderen 7 Testpersonen ergaben, resultieren aus dem inhaltlichen Problem, dass Geduld oder Ungeduld zumeist als situationsabhängig wahrgenommen wurde: „Weil ich noch nachdenken musste, kommt immer auf die Situation an“ (TP 10) oder „weil ich je nach Situation in bestimmten Bereichen sehr geduldig bin, in anderen Bereichen sehr ungeduldig, deshalb war’s schwierig einzuordnen“ (TP 17).
Diese Ambivalenz zeigt sich auch bei den genannten Werten, die sich stark auf die mittleren Kategorien der Skala konzentrieren, und den Antworten auf die Frage, warum man sich gerade bei dem ausgewählten Skalenwert eingestuft habe. So wird z.B. der Wert 5 gewählt, „weil er genau in der Mitte ist, es ist einmal so und einmal so, das hängt von meiner jeweiligen Verfassung ab, aber mittig würde ich sagen“ (TP 15); der Wert 6 wird gewählt, „weil ich denke ich bin mittendrin…, eher in der Mitte“ (TP 16). Werte die in Richtung linkem oder rechtem Skalenendpunkt gehen, werden nachvollziehbar mit einer entsprechenden Tendenz zu Geduld oder Ungeduld begründet.
Die Frage, ob man beim Beantworten der Frage eher an die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft gedacht habe, wurde wie folgt beantwortet:
Vergangenheit - 6 Testpersonen
Gegenwart - 7 Testpersonen
Zukunft - keine Testpersonen
Vergangenheit und Gegenwart - 4 Testpersonen
Alle drei - 2 Testpersonen
Zwei Testpersonen konnten sich hier nicht positionieren.
Thema der Frage:
Individuum & Persönlichkeit/ Verschiedene Merkmale