Etwa ein Viertel der Befragten gab auf Nachfrage an, mindestens eine Erkrankung oder Beschwerde nicht genannt zu haben, obwohl sie sie in den letzten 12 Monaten erlitten hatten. Dies passierte dann, wenn die Erkrankung oder Beschwerde sie aktuell nicht mehr beeinträchtigt oder keinen schlimmen Verlauf gehabt hatte. Ziel einer Überarbeitung dieser Frage ist es, das systematische Underreporting weniger gravierender Erkrankungen und Beschwerden zu reduzieren. Mehrere Möglichkeiten, dies zu tun, sind denkbar:
Erstens könnten die Erkrankungen und Beschwerden auf zwei Fragen aufgeteilt werden, so dass zunächst die (typischerweise) weniger schlimm verlaufenden Erkrankungen abgefragt werden, wie Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Dies soll verhindern, dass diese Erkrankungen und Beschwerden als nicht erwähnenswert im direkten Vergleich mit lebensbedrohlichen Erkrankungen empfunden werden. In einer zweiten Frage würden dann die schwerwiegenden Erkrankungen erfragt werden. Bei dieser Lösung könnte das jetzige Check-All-That-Apply Format beibehalten werden.
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, die Krankheiten einzeln in einem Forced-Choice Format abzu-fragen mit „Ja“ und „Nein“ als Antwortkategorien, bspw.:
„Hatten Sie in den letzten 12 Monaten Schmerzen im Rücken oder im Nacken?“
Der Nachteil eines Forced-Choice Formats liegt natürlich in längeren Bearbeitungszeiten und einem für die Befragten deutlich erhöhten Burden, insbesondere wenn ein Item-by-Item Format (und kein Grid) implementiert wird.
Sollte das jetzige Check-All-That-Apply Format beibehalten werden, besteht die dritte Möglichkeit darin, eine Instruktion zu ergänzen, dass die Befragten auch leichtere Erkrankungen und Beschwerden, und solche, die sie aktuell nicht (mehr) beeinträchtigen, angeben sollen. Zudem sollte in diesem Fall die Ausschlusskategorie „Ich hatte keine der genannten Erkrankungen oder Beschwerden“ optisch abgehoben werden, bspw. durch einen größeren Zeilenabstand, einen runden Radiobutton und/oder kursive Schrift:
„Hatten Sie in den letzten 12 Monaten eine der folgenden Erkrankungen oder Beschwerden?
❯ Bitte geben Sie auch leichtere Erkrankungen oder Beschwerden an, die Sie in den letzten 12 Monaten hatten, und solche, die Sie aktuell nicht mehr beeinträchtigen.“
Der Vorteil dieser Umsetzung liegt darin, dass die Frage möglichst kurz gehalten wird. Im Gegensatz zu den anderen beiden Ansätzen werden auf diese Weise aber weiterhin schwere Erkrankungen mit – in vielen Fällen – leichten Beschwerden gemeinsam abgefragt, was möglicherweise trotz Instruktion zu einem systematischen Underreporting der weniger schweren Erkrankungen und Beschwerden führt.
Informationen zur Frage und Ziel der Testung:
Frage 2 erfasst, ob die Befragten innerhalb der letzten 12 Monate eine der angegebenen Erkrankungen oder Beschwerden hatten.
Das Ziel der Testung bestand darin herauszufinden, warum Befragte die Frage unbeantwortet ließen, sofern dies der Fall ist. Darüber hinaus sollten Verständnisprobleme oder sonstige Probleme beim Beantworten der Frage aufgedeckt werden. Da die Frage teils sehr starke Erkrankungen aufführt, bestand ein Ziel auch darin, herauszufinden, ob die Befragten nur über starke, andauernde Schmerzen berichten würden.
Befund:
Bei der Beantwortung von Frage 2 gab es einen Fall von Item Nonresponse, d. h. 359 Testpersonen gaben entweder mindestens eine Erkrankung bzw. Beschwerde an oder wählten „Ich hatte keine der genannten Erkrankungen oder Beschwerden“. Die Person, die die Frage unbeantwortet ließ, beantwortete auch die Nachfrage zu den Gründen hierfür nicht.
Etwa jede*r fünfte Befragte gab an, keine der aufgelisteten Erkrankungen oder Beschwerden in den vergangenen 12 Monaten gehabt zu haben (s. Tabelle 3). Die am häufigsten genannten Erkrankungen bzw. Beschwerden waren Schmerzen im Rücken oder Nacken und Kopfschmerzen, gefolgt von Magen-Darm-Beschwerden, depressiven Störungen oder Angststörungen und Allergien. Im Durchschnitt gaben die Befragten zwei Beschwerden an (M = 2.02; SD = 1.66).
Auf die Nachfrage, wie verständlich bzw. unverständlich sie die Liste der Erkrankungen und Beschwerden fanden, gaben nur vier Befragte (3,3 %) an, dass sie diese „eher“ oder „sehr“ unverständlich fanden. Davon gab eine Person an, dass ihr die Liste „zu viel“ sei (TP216). Eine andere schien nicht verstanden zu haben, dass die unterste Antwortkategorie eine Ausschlusskategorie darstellte und fragte sich, warum alle zuvor angegebenen Beschwerden deselektiert wurden, als sie diese auswählte (TP455).
Die Nachfrage, ob es Erkrankungen oder Beschwerden gab, die sie nicht angegeben hatten, obwohl sie im letzten Jahr von ihnen betroffen waren, wurde von einem Viertel der Befragten (26,7 %, n = 32) bejaht. Am häufigsten waren leichtere Erkrankungen und Beschwerden nicht angekreuzt worden, namentlich Kopfschmerzen (n = 9), Schmerzen im Rücken oder im Nacken und Magen-Darm-Beschwerden (jeweils n = 8) und Bluthochdruck (n = 4). Auf die Nachfrage, warum sie diese Erkrankungen nicht direkt angegeben hatten, antwortete die Hälfte der Testpersonen (n = 16), dass die Erkrankung nicht so schlimm gewesen war, etwa ein Drittel (n = 12, 37,5 %), dass die Erkrankung sie aktuell nicht (mehr) beeinträchtigt, und die restlichen gaben beides als Begründung an.