Ziel der Testung:
Ziel der kognitiven Nachfragen war es herauszufinden, wie die Befragten zu ihren Antworten kommen und ob sich dies nach Frageversion unterscheidet. Für Version 1 sollte untersucht werden, ob
die Befragten davon irritiert sind, dass sie die idealen Arbeitsstunden der Eltern zunächst im Vergleich und danach einzeln für jedes Elternteil beantworten sollen. Zudem sollte untersucht werden,
ob die Befragten sich davon ermüdet zeigen, so viele offene numerische Angaben zu machen.
Befund:
Von den 244 Testpersonen ließen 31 Befragte einzelne Antwortfelder unausgefüllt oder gaben unsinnige Antwortkombinationen, die sie in Antwort auf die kognitiven Nachfragen nicht erläuterten.
Typische Antwortmuster dieser Art waren alle oder viele Felder freizulassen oder mit „0“ zu befüllen,
absteigende Zahlen einzutragen ohne Erläuterungen dazu zu geben oder willkürlich anmutende
Zahlen, bspw. die Zahlen von 1 bis 5 oder 5 bis 1 in die Antwortfelder einzutragen. Der Anteil an
Nonresponse unterschied sich nicht statistisch signifikant zwischen den Versionen (Version 1:
n =
17; 13,7 %; Version 2:
n = 14; 11,7 %).
Tabelle 5 zeigt die durchschnittlich angegebene ideale Anzahl an Arbeitsstunden pro Woche der verbleibenden 213 Testpersonen für Mütter und Väter und für die beiden Frageversionen. Die Übersicht der Mittelwerte zeigt zwei Auffälligkeiten:
- 1. In Version 1 sind die durchschnittlich angegebenen idealen Arbeitsstunden für beide Elternteile eines zweijährigen Kindes nach Bonferroni-Korrektur aufgrund des multiplen Testens signifikant höher als in Version 2. Für keine der anderen Altersstufen zeigen sich statistisch signifikante Unterschiede.
- 2. In Version 1 liegt der Wert für beide Elternteile eines zweijährigen Kindes etwas höher als
für ein vierjähriges Kind, wohingegen die Werte in Version 2 kontinuierlich mit dem Alter
des Kindes steigen (wenn auch bei Vätern nur geringfügig).
Eine nähere Untersuchung der idealen Arbeitsstunden für Eltern eines zweijährigen Kindes zeigt,
dass Testpersonen in Version 2 häufiger angaben, dass die Mutter überhaupt nicht arbeiten solle,
während sie in Version 1 häufiger angaben, dass die Mutter weniger Stunden als der Vater oder dass
beide Eltern gleich viele Stunden arbeiten sollten (siehe Tabelle 6). Die Häufigkeitsverteilung der
Arbeitsstunden von Eltern eines zweijährigen Kindes unterschied sich statistisch signifikant zwischen den Frageversionen (Chi2(5) = 24.721,
p < .001).
Wie kommt es zum unterschiedlichen Antwortverhalten zwischen den beiden Frageversionen?
Es kommen zwei mögliche Ursachen für das unterschiedliche Antwortverhalten in Bezug auf die
idealen Arbeitszeiten von Eltern eines zweijährigen Kindes zwischen den Versionen in Frage:
- 1. Fragedesign / Paginierung: In Version 1 werden für das zweijährige Kind die Arbeitszeiten beider Eltern auf einer Seite gemeinsam eingetragen.
- 2. Anzahl der Kinder: In Version 1 geht es um die Eltern eines Kindes, während es in der zweiten Version um Eltern zweier Kinder geht, von denen das jüngste zwei Jahre alt ist.
Im Rahmen dieses Berichts wurden die Antworten auf die kognitiven Nachfragen vor allem dahingehend ausgewertet, die Qualität des Antwortverhaltens zu beurteilen und Differenzen im Antwortverhalten zwischen den Frageversionen zu erklären.
Passen die Antworten auf die Surveyfragen zu den Antworten auf die kognitiven Nachfragen?
Die Antworten auf die kognitiven Nachfragen zeugten von zwei Fehlern, die beim Beantworten der
Frage(n) auftraten:
- 1. In neun Fällen zeugte das Antwortverhalten der Testpersonen davon, dass sie die idealen Arbeitsstunden am Tag und nicht pro Woche eingetragen hatten (Version 1: n = 5; Version 2: n = 4).
Zumeist wurde beim Vater in allen Altersklassen „8 Stunden“ eingetragen, während die Stundenzahl bei der Mutter mit zunehmendem Alter des Kindes anstieg. Die Erläuterungen der Testpersonen deuteten in keiner Weise an, dass sie für beide Eltern eine sehr niedrige Anzahl an
Wochenstunden angeben wollten, sondern eher, dass acht Stunden einer Vollzeitbeschäftigung
entsprechen sollten („[Die] Mutter sollte mehr für ihr Kind da sein in den ersten Jahren“, TP210,
Version 2).
- 2. Bei 44 von 107 Testpersonen in Version 1 lag der Wert für das zweijährige Kind über dem des
vierjährigen Kindes. In 20 dieser Fälle trugen die Testpersonen beim vierjährigen Kind (und teilweise bei den anderen Altersgruppen) den Wert 0 ein. In Version 2 kam dieses Antwortmuster
hingegen nur einmal vor. Die Antworten der Testpersonen auf die kognitiven Nachfragen gingen in keinem dieser Fälle auf dieses Abfallen der Arbeitsstunden ein; das bedeutet, dass keine
Testperson die Meinung äußerte, dass ein vierjähriges Kind mehr elterlicher Betreuung als ein
zweijähriges bedürfe, oder dass die Arbeitszeiten in diesem Fall geringer sein müssten, da die
Eltern in Frage 3 zwei Kinder und nicht nur eines haben. In der Regel erläuterten die Testpersonen lediglich, dass jüngere Kinder mehr Betreuung benötigen. Beispielsweise gab Testperson
95 in Antwort auf die Surveyfragen an, dass die Mutter eines zweijährigen Kindes 20 Stunden
pro Woche arbeiten sollte, die Mutter eines vierjährigen Kindes jedoch gar nicht. Sie erklärte ihre Antworten allerdings so, dass man mit dem steigenden Alter des Kindes
auch steigende Arbeitszeiten der Mutter vermuten müsste: „Mütter kümmern sich mehr um das
Aufwachsen des Kindes und sollten deshalb, wenn das Kind noch jünger ist, nur Teilzeit arbeiten.“
(TP95, Version 1).
Die Auswertung der offenen Angaben gibt Hinweise darauf, dass der Wechsel im Frageformat zwischen den Fragen 2 und 3 in Version 1 von vielen Befragten nicht richtig erfasst wird. Eine mögliche
Erklärung für dieses Antwortverhalten wäre, dass die Befragten den Hinweis, dass es sich um ein
zweijähriges Kind handelt, überlesen haben, da dies nicht optisch hervorgehoben wurde, und sie
Frage 2 so verstanden, dass sie von einem Paar mit einem Kind unbekannten Alters handele. Zu
dieser Erklärung passt, dass etwa ein Drittel der Befragten (35,2 %;
n = 51) in Version 1 angab, dass
der unterschiedliche Aufbau der Fragen 2 und 3 sie stark oder zumindest etwas irritierte.
Äußern die Befragten Probleme mit dem Beantworten der Fragen oder zeigen sie auf andere
Weise Irritation?
Etwa ein Drittel der Testpersonen gab an, dass sie die hohe Anzahl an Antworten, die von ihnen
verlangt wurde, als sehr (6,1 %;
n = 13) oder etwas (27,2 %;
n = 58) störend bzw. lästig empfanden.
Diese Einschätzung unterschied sich nicht nach Frageversion (Chi2(2) = .073,
p = .964).
Eine knappe Mehrheit der Testpersonen (
n = 130; 53,3 %) gab an, dass sie Kategorien wie „Vollzeit“,
„Teilzeit“ oder „Gar nicht“ als hilfreich empfunden hätten. Auch diese Einschätzung unterschied
sich nicht nach Frageversion (Chi2(1) = .281, p = .596).
Etwas mehr als ein Fünftel (23,4 %;
n = 57) der Befragten gab an, dass ihnen die Fragen eher oder
sehr schwer zu beantworten fielen, wobei es keinen Unterschied nach Frageversion gab (Chi2(3) = 4.993,
p = .172). Die beiden am häufigsten genannten Gründe waren, dass den Befragten der persönliche Bezug zu der Situation fehle (bspw., weil sie keine Kinder haben oder nicht erwerbstätig
sind) (
n = 21) und es keine allgemeingültige Antwort auf die Fragen gäbe, sondern sich die idealen
Arbeitszeiten nach der persönlichen Situation und den Bedürfnissen einer Familie richte (
n = 15).
- „Ich selbst habe noch keine Kinder. Daher ist es schwierig für mich einzuschätzen, wie viel Zeit
man bei welchem Kindesalter investieren muss.“ (TP82, Version 1)
- „Es gibt keine allgemeine Lösung. Jede Familie ist anders, abhängig vom Beruf und der finanziellen Situation und der Unterstützung durch Angehörige.“ (TP124, Version 2)
- „Ich fand die Antwort auf die Frage schwierig, da ich eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern bin und wir keine Verwandten hier haben, die sich um die Kinder kümmern, während ich
arbeite.“ (TP167, Version 2)
- „[Ich fand es schwierig], weil wir derzeit nicht arbeiten gehen.“(TP451, Version 2)
Mehrere Testpersonen erläuterten zudem, dass sie sich zwar auf eine „klassische“ Stundenaufteilung beim Antworten festgelegt hatten, die Verteilung der Stunden auf die Elternteile aber auch andersherum oder völlig anders sein könne und es eher auf die Gesamtanzahl an Stunden ankäme.
- „Ich finde die Aussage über die gesamte Zeit als Paar relevanter, als wer wie viele Stunden
arbeitet. Das ist in meinen Augen eine extrem individuelle Aufteilung, bei der er aus meiner
Sicht nicht DIE ideale Aufteilung gibt. Schließlich spielt (leider) auch die Höhe des jeweils erzielbaren Einkommens der Partner eine wichtige Rolle.“ (TP68, Version 1)
- „Kann auch andersherum sein. Es kommt darauf an, wer mehr verdient, wann Kinder in die
Kita oder zur Tagesmutter gehen, wie selbstständig die Kinder in welchem Alter sind und wie
lange sie allein bleiben können.“ (TP153, Version 1)
- „Ich fand es schwer zu beurteilen, ob eher der Vater oder die Mutter mehr arbeiten oder beide
gleich viel arbeiten sollen und mir ist es schwergefallen, mich auf eine konkrete Stundenzahl
festzulegen.“ (TP402, Version 2)
Zuletzt erwähnten sechs Testpersonen, dass es ihnen einfacher gefallen wäre, anhand geschlossener Antwortoptionen zu antworten, vor allem, weil sie unsicher waren, wie sie Voll- oder Teilzeit in
Stunden ausdrücken sollten (
„Es wäre hilfreich gewesen, Regelstundenzeiten für Vollzeit und Teilzeit
zu haben.“, TP995, Version 2)