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Projektname:Projekt RISS – Fragen zu Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Jugendlichen im schulischen und politischen Kontext
  1. Einleitungstext: Nun werden dir zwei Jugendliche im Alter von 16 Jahren und ihre Familien beschrieben. Wir nennen diese beiden Jugendlichen „Person A“ und „Person B“. Die beiden Personen unterscheiden sich in verschiedenen Bereichen, aber haben manche Merkmale auch gemeinsam.
    Bitte schaue dir die Beschreibungen in Ruhe an und achte dabei auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

    Person A
    lebt auf dem Land
    weiblich
    hat einen Realschulabschluss (Mittlere Reife)
    Die Familie ist christlich
    Die Familie stammt aus Deutschland
    Die Familie hat ein großes Haus, in dem alle ein eigenes Zimmer haben

    Person B
    lebt auf dem Land
    weiblich
    besucht ein Gymnasium
    Die Familie ist muslimisch
    Die Familie stammt nicht aus Deutschland
    Die Familie hat eine Mietwohnung, die eigentlich zu klein für alle ist
  2. Fragetext: Welche der beiden Personen wird mal ein höheres Ansehen in unserer Gesellschaft erreichen?
  3. Instruktionen: Bitte wähle eine Antwortmöglichkeit aus.
  4. Antwortkategorien Person A

    Person B


    1. Empfehlungen: Da alle Testpersonen Frage 10 beantworteten und ihre Antworten gemäß der Frageintention begründeten, kann die Frage belassen werden. Um die Beantwortung angenehmer zu machen, kann die Frage leicht formuliert werden, um deutlich zu machen, dass es sich um eine subjektive Einschätzung handelt, z. B. mit den Worten „eher“ oder „voraussichtlich“ und eventuell auch mit dem Hinweis, dass es um die Zeit nach der schulischen Ausbildung „als Erwachsene“ geht:
      „Welche der beiden Personen wird [eher / voraussichtlich] [als Erwachsene] ein höheres Ansehen in unserer Gesellschaft erreichen?“

      Frageformat und Antwortoptionen: Zwar beantworteten die Testpersonen alle Frage 10 und mit einer Ausnahme auch die Fragen 11 und 12. Zudem gaben sie konsistente Antworten auf die drei Fragen. Allerdings äußerten mehrere Testpersonen Bedenken bezüglich des Inhalts der Frage, die sie als unangenehm und anhand der verfügbaren Informationen als nicht beantwortbar empfanden. Wir empfehlen daher, die Non-response- und Abbruchrate bei diesem Frageblock in einem quantitativen Pretest zu untersuchen.
      Um es den Befragten zu erleichtern, ihre Antworten in Bezug zueinander zu setzen, kann erwogen werden, die drei Fragen auf einer Seite zu präsentieren (vgl. Fragen 7 bis 9). Damit wüssten die Befragten, dass auf die binäre Abfrage noch die Möglichkeit einer differenzierteren Abfrage folgt. Alternativ kann ein „Zurück“-Button in die spätere Umfrage eingebaut werden.  
  1. Eingesetzte kognitive Technik/en:Information Bild/Link zu Kognitives Pretesting Comprehension Probing, Category Selection Probing, Specific Probing, Emergent Probing, Difficulty Probing
  2. Befund zur Frage: Informationen zur Frage und Ziel der Testung:
    Frage 10 soll binär erfassen, welcher der beiden in den Vignetten beschriebenen Personen ein höheres gesellschaftliches Ansehen zugeschrieben wird.

    Leitfragen und Befunde:
    Bei Frage 10 gaben vier Testpersonen an, dass Person A ein höheres Ansehen in der Gesellschaft erreichen werde, und zwei erwarteten, dass Person B ein höheres Ansehen erreichen werde. Eine Testperson ließ die darauffolgenden Fragen 11 und 12 unbeantwortet. Die anderen fünf Testpersonen gaben konsistente Antworten auf die drei Fragen, d. h. sie gaben derjenigen Person einen höheren Wert in den Fragen 11 bzw. 12, die sie in Frage 10 ausgewählt hatten. Die Differenz zwischen den Werten in den Fragen 11 und 12 fiel durchschnittlich etwas geringer aus (Mittelwert: 2,2 Skalenpunkte) als in den Fragen 8 und 9 (Mittelwert: 3 Skalenpunkte).

    Was verstehen die Testpersonen unter dem Begriff „Ansehen“ in Frage 10 bis 12?
    Die Testpersonen verbanden den Begriff „Ansehen“ vor allem damit, wie Menschen bei einer ersten Begegnung auf eine Person reagieren und diese behandeln, bzw. ob der Umgang von Anerkennung und Respekt geprägt sei (TP02, 04, 05, 06):
    • „Wie sie von den Mitmenschen behandelt werden, wie sie angesehen werden.“ (TP02)
    • „Es geht um Respekt.“ (TP04)
    • „Ich habe daran gedacht, was die Menschen von einer Person denken, wenn diese Person sich irgendwo vorstellt, egal ob jetzt auf einer Feierlichkeit oder im Internet. Wenn eine Person sagen würde, ich bin studierter Physiker und habe in Melbourne studiert und eine andere Person sagt, ich habe einen Hauptschulabschluss gemacht und arbeite beim Abfallamt.“ (TP05)
    Zwei Testpersonen dachten beim Erlangen von Ansehen vor allem an Berufs- und Karriereaussichten (TP01, 03):
    • „Wer zum Beispiel einen höheren Job haben könnte. Beispielsweise in einer Firma, ob man normaler Angestellter ist oder Filialleiter.“ (TP01)
    Wie entscheiden sich die Testpersonen bei Frage 10 für eine der beiden beschriebenen Personen?
    Die vier Testpersonen, die sich für Person A entschieden, begründeten dies mit der deutschen Herkunft von Person A:
    • „[Person B] ist muslimisch, kann vielleicht noch nicht richtig deutsch, ist auf dem Gymnasium, kriegt wahrscheinlich einen besseren Abschluss als Person A… Und dennoch überlege ich, ob sie ein besseres Leben haben kann durch ihren Abschluss als Person A, die schon länger in Deutschland lebt.“ (TP02)
    • „Realistisch gesehen hat Person A durch die familiären Umstände eine größere Chance respektiert zu werden. Dagegen hat Person B eine niedrigere Chance, weil es viele Leute gibt, die ein negatives Stigma gegenüber muslimischen Leuten haben.“ (TP04)
    • „Ich kriege es im Alltag oft mit, dass Personen, die nicht aus Deutschland stammen, nicht gleich behandelt werden wie deutsche Leute. Das mache ich nicht an mir fest, aber leider ist es oft so […] Es ist so in der Gesellschaft, dass es viel um Geld und Herkunft geht. An [das Geschlecht] habe ich nicht viel gedacht, das ist ja auch bei beiden gleich.“ (TP06)
    Die beiden Testpersonen, die sich für Person B entschieden, begründeten dies hingegen mit dem höheren Bildungsabschluss, der sich langfristig auszahlen würde:
    • „Dass [Person B] irgendwann vielleicht Abitur hat und studieren geht, und es dann einfacher hat einen Job zu bekommen als mit einer mittleren Reife.“ (TP01)
    • „Ich tendiere zu Person B, weil ich glaube, dass der Schulabschluss [ausschlaggebend ist]. Bei Person A wäre das Argument stumpf gesagt ‚Reiche Eltern und dass sie deutsch ist und eine europäische Religion hat‘. Aber ich glaube, dass auf lange Sicht das Ansehen in unserer Gesellschaft eher bei der besser gebildeten Person ist, auch wenn sie in armen Verhältnissen aufgewachsen ist und nicht aus Deutschland stammt […] Denn hier steht ja ‚wird‘, es also um die Zukunft.“ (TP05)
    Wie leicht oder schwer fällt es den Testpersonen, sich für eine Person in Frage 10 zu entscheiden?
    Vier Testpersonen gaben an, dass es ihnen schwergefallen sei, sich für eine Person in Frage 10 zu entscheiden. Sie gaben zu bedenken, dass das Erlangen von Ansehen in höchstem Maße von der individuellen Persönlichkeit abhänge, und sich die Frage anhand der gegebenen Informationen kaum beantworten lasse.
    • „Weiß ich nicht, wie ich das beantworten soll. Ich würde sagen, das hängt von der Person ab und nicht von den Gegebenheiten.“ (TP01)
    • „Die Frage [10] finde ich nicht leicht zu beantworten, weil es für beide Personen valide Punkte gibt, die dafürsprechen.“ (TP05)
    Eine Testperson versuchte das Problem der fehlenden Information so zu lösen, dass sie sich die beschriebenen Personen konkret vorstellte. Dabei entfernte sie sich allerdings zunehmend von den angegebenen Vignetten und fokussierte ihre Antwort auf die Dimension des Spracherwerbs:
    • „Diese [Frage] kann man nicht wirklich beantworten, finde ich. Es gibt ja immer wieder Möglichkeiten für Ausländer trotzdem gut abschneiden zu können, auch wenn sie nicht wirklich gut Deutsch können. Aber als was will [Person B] denn mit ihrem Gymnasialabschluss gut verdienen, wenn sie nicht gut Deutsch kann? Vielleicht zieht sie auch wieder zurück und hat dann dort ihren Gymnasialabschluss. Aber das sind Fragen, die hier offenbleiben.“ (TP02)
    Eine Person empfand eine solche Bewertung gar als „rassistisch“ und die Fragen 10 bis 12 als unangenehm (TP03). Diese Testperson würde die Fragen 13 bis 15 aufgrund derselben Problematik unbeantwortet lassen (vgl. Fragen 13 bis 16):
    • „Weil [die Frage] halt schwer ist, weil das an Rassismus grenzt. Das sind halt zwei verschiedene Menschen, die einfach nur aus zwei unterschiedlichen Ländern kommen und noch bisschen anders leben. Und deswegen wird man anders bewertet.“ (TP03)
  1. Thema der Frage: Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
  2. Konstrukt: Vignetten - Ansehen