Ziel des Pretests:
Die Frage soll anhand eines unspezifischen Kuss-Bildes erfassen, wie oft die Befragten
und ihre Partner*innen sich in der vergangenen Woche auf diese Weise berührt hatten. Anhand kognitiver Nachfragen wurde untersucht, wie die Testpersonen das Bild interpretierten, wie sie ihre Antworten auf Frage 4 ermittelten und ob beide
Fragen richtig zueinander in Beziehung gesetzt wurden.
Leitfragen und Befunde:
Bei der Beantwortung der Frage gab es keinen
Item Nonresponse, d. h. alle 240 Testpersonen beantworteten die Frage. Die Testpersonen nutzten dabei die gesamte Skalenbreite. Die Häufigkeitsverteilung der Antworten ist linksschief, d. h. die Mehrheit der Befragten wählte Antwortkategorien am oberen Ende der Antwortskala aus. Ungefähr ein Drittel der Befragten bekam zwei offene Nachfragen zu Frage 4 (n = 79).
Wie interpretieren die Befragten das Bild?
Die Mehrheit der Testpersonen (n = 54) deutete den Inhalt des Bildes als nicht näher spezifizierten Kuss im Sinne der Bildintention (z. B.
„Ein Kuss“, TP124,
„Küssen“, TP133,
„Küsschen“, TP320). Elf Testpersonen spezifizierten, dass es sich um einen Kuss auf die Wange handele (
„Ein liebevoller Kuss auf die Wange, zum Beispiel zur Begrüßung“, TP342), neun, dass es ein Kuss auf den Mund darstelle (
„Ein Kuss auf die Lippen“, TP692) und vier Testpersonen meinten, dass der Kuss entweder auf den Mund oder die Wange sein könnte (
„Ein Kuss, vielleicht auf der Wange, vielleicht flüchtig auf den Mund“, TP274). Zwei Testpersonen gaben an, dass es sich um
„Ohrläppchen knabbern“ (TP312) handele bzw. blieben vage, dass
„Intimitäten“ ausgetauscht werden würden (TP188). Die Interpretation hatte keinen Einfluss auf das Antwortverhalten.
Wie ermitteln die Befragten ihre Antwort auf Frage 4?
Die Testpersonen wendeten verschiedene Strategien an, um einzuschätzen, wie häufig sie ihren Partner in der vergangenen Woche geküsst hatten. Die mit Abstand häufigste Antwortstrategie war dabei eine grobe Schätzung (49,4 %):
- „Ich habe geschätzt.“ (TP133)
- „Generell zähle ich nicht mit, wie oft ich meinem Partner nahe bin, es ist aber sehr oft. Daher habe ich ‚Mehr als 20 mal‘ gewählt.“ (TP248)
Fünfzehn Testpersonen orientierten sich dabei an ihrem Tagesablauf und erklärten, zu welchen Anlässen sie sich routinemäßig küssen:
- „Da es ein Begrüßungs- oder Abschiedskuss sein kann, habe ich an jeden Tag der Woche gedacht. Morgens zum Abschied, nachmittags beim Nach-Hause-Kommen und abends vor dem Schlafen gehen. Ab und an auch zwischendurch mal.“ (TP240)
Vier Testpersonen machten zudem eine genaue Rechnung:
„Ein Kuss zur Verabschiedung einer zur Begrüßung 7 x 2 = 14“ (TP293). Schließlich gaben fünf Testpersonen an, dass sie ihren Partner in der vergangenen Woche nicht gesehen bzw. nicht geküsst hatten (bspw. aus Krankheitsgründen).
Setzen die Befragten ihre Antworten auf Fragen 4 und 5 in eine sinnvolle Beziehung zueinander?
Von den 240 Befragten wählten 67,1 % (n = 161) dieselbe Antwortkategorie auf beide Fragen, 30,0 % (n = 72) gaben bei Frage 5 einen höheren Wert als bei Frage 4 an, also dass sie ihren Partner lieber häufiger geküsst hätten, und 2,9 % (n = 7) gaben bei Frage 5 einen niedrigeren Wert an, der ausdrückte, dass sie sich lieber weniger häufig auf diese Art berührt hätten.
Diejenigen, die beide Fragen gleich beantworteten, begründeten dies meist damit, dass ihre Beziehung in dieser Hinsicht ihren Vorstellungen und Bedürfnissen entspreche:
- „Es ist genau so richtig, wie es ist.“ (TP124)
- „Weil sich schlicht das Bedürfnis mit der Realität deckt.“ (TP230)
Allerdings erklärten fünf Testpersonen, die beide Fragen mit „Mehr als 20 mal“ beantwortet hatten, dass sie ihren Partner gerne häufiger geküsst hätten:
- „Wir berühren uns auf diese Weise schon oft, aber Zuneigung und Zärtlichkeiten können nie genug sein.“ (TP240)
- „Weil wir uns ungefähr so oft berührt haben, aber noch mehr Berührungen auch schön wären.“ (TP241)
Die Testpersonen, die in Frage 5 einen höheren Wert angaben als in Frage 4 begründeten ihre Antworten alle damit, dass sie sich häufigere Berührungen dieser Art gewünscht hätten. Für diese Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand wurden verschiedene Gründe genannt, darunter genereller Unmut über einen Mangel an körperlicher Intimität, emotionale Distanz, fehlende Zeit im Alltag durch Beruf oder kleine Kinder, Dienstreisen oder Urlaube eines Partners:
- „Öfters wäre schöner, war aber durch Dienstreise nicht möglich.“ (TP161)
- „Ich würde mir wünschen, dass wir uns öfter sehen.“ (TP294)
- „Meist bin ich in unserer Beziehung diejenige, die sich mehr Körperkontakt wünscht, mein Partner jedoch eher weniger das Bedürfnis danach hat. Dadurch empfinde ich solche Situationen als zu selten und wünsche sie mir.“ (TP324)
- „Weil mir insgesamt die Zweisamkeit zu wenig ist. Auf Grund von Berufsleben und Tagesgestaltung ist es aber nicht anders umsetzbar derzeit.“ (TP328)
Die wenigen Testpersonen, die angaben, dass sie ihren Partner lieber weniger häufig geküsst hätten, gaben keine auswertbaren Antworten auf die Nachfrage, warum sie diese Kombination an Antworten gegeben hatten. Somit blieb unklar, ob das Antwortverhalten der Testpersonen ihre reale Situation abbildet oder sie aus Versehen oder aufgrund mangelnder Motivation zur korrekten Beantwortung der Frage verkehrte Antworten auswählten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Bild von den Befragten mehrheitlich als Kuss und Zeichen von Affektion verstanden wurde. Das Auswählen der Antworten bereitete den Testpersonen augenscheinlich keine Probleme, allerdings schätzten die meisten Testpersonen die Anzahl der Küsse in der Partnerschaft in der vergangenen Woche (anstatt bspw. ihre Tagesabläufe systematisch zu erinnern). Die Begründungen der Testpersonen, warum sie ihre jeweilige Kombination an Antworten ausgewählt hatten, stimmten mit ihren Antworten überein (eine Ausnahme bilden möglicherweise die wenigen Testpersonen, die angaben, dass sie ihren Partner lieber weniger häufig geküsst hätten und die Nachfrage unbeantwortet ließen). Allerdings beantworteten mehrere Testpersonen beide Fragen mit der höchsten Antwortkategorie „Mehr als 20 mal“ und erklärten, dass sie sich mehr Zärtlichkeiten gewünscht hätten als stattfanden. Diese vorhandene Diskrepanz zwischen dem realen Zustand und dem Wunsch der Befragten wird durch das aktuelle Format der Antwortkategorien nicht sichtbar.