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Projektname:Panelbefragung „Leben im Viertel (LiV)“ – Fragen zur sozialen Offenheit, Kontrolle und Diskriminierung in der Nachbarschaft
  1. Fragetext: Bitte stellen Sie sich einen Moment die folgende Situation vor und beantworten Sie anschließend die nachfolgenden Fragen.

    Sie gehen in Ihrer Nachbarschaft spazieren. Dabei beobachten Sie, wie eine Mutter mit ihrem Kind im Grundschulalter diskutiert. Sie kennen die Familie [vom Sehen, da diese auch in Ihrer Nachbarschaft lebt, Vignette 1 & 3] [nicht, Vignette 2 & 4]. Die Diskussion ist sehr energisch [und die Mutter ohrfeigt das Kind, Vignette 3 & 4]. Anschließend beruhigen sich die Beteiligten wieder und gehen weiter.

    Frage 1:
    Wie konfliktgeladen schätzen Sie diese Situation ein?

    Frage 2:
    Wenn sich die Menschen in der Nachbarschaft so verhalten, dann ist es um die Nachbarschaft schlecht bestellt.
  2. Antwortkategorien:

    Frage 1:
    1. Überhaupt nicht konfliktgeladen

    2.

    3.

    4.

    5. Sehr konfliktgeladen


    Frage 2:
    Stimme voll und ganz zu

    Stimme eher zu

    Teils / teils

    Stimme eher nicht zu

    Stimme überhaupt nicht zu


    1. Empfehlungen: Die Ergebnisse des Pretests deuten auf keine Probleme der Frage hin, weshalb sie in ihrer jetzigen Form belassen werden kann
  1. Eingesetzte kognitive Technik/en:Information Bild/Link zu Kognitives Pretesting Difficulty Probing, Category Selection Probing
  2. Befund zur Frage: Die beiden Items in Frage 10 wurden von allen 240 Testpersonen beantwortet. Die Testpersonen nutzten bei allen Items die gesamte Skalenbreite. Die kognitiven Nachfragen wurden den 124 Testpersonen gestellt, die (zufällig) Gruppe 1 zugewiesen wurden.

    Ziel des Pretests war zu untersuchen, wie die Testpersonen zu ihrer Antwort gekommen sind und ob sie Schwierigkeiten hatten, sich in die Situation, die in der Vignette beschrieben wird, hineinzuversetzen. Jeweils eine der vier Vignetten wurde den Befragten zufällig zugeteilt. Dazu sollten die Testpersonen angeben, ob Ihnen die Beantwortung schwer bzw. leicht gefallen war und warum sie sich für die gewählte Antwortoption entschieden haben (N1_F10, N2_F10 und N3_F10, s. Anhang).

    Aus den Tabellen 11 und 12 geht hervor, dass die unterschiedlichen Beschreibungen der Vignetten teilweise einen signifikanten Einfluss auf die Beantwortung von Item a und b hatten. Hervorzuheben ist der signifikante Unterschied bei der Einstufung, wie konfliktgeladen die Situation sei, als auch die Bewertung der eigenen Nachbarschaft, je nachdem, ob die Mutter ihr Kind ohrfeigt oder nicht ohrfeigt. So geht aus Tabelle 11 und Tabelle 12 hervor, dass die Testpersonen die Situation signifikant konfliktgeladener (F = 115.830, p < .001) als auch die Nachbarschaft negativer bewerten (F = 62.013, p < .001), wenn die Mutter ihr Kind ohrfeigt. Zusätzlich deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Kennen der Familie dabei eine untergeordnete Rolle spielt, da bis auf die Interaktion zwischen dem Kennen der Familie und der Ohrfeige bei Item b (F = 5.850, p < .05), kein signifikanter Einfluss auf die Beantwortung der Items bestand.

    Auf die Nachfrage wie leicht oder schwer es den Testpersonen gefallen ist, sich in die Situation hineinzuversetzen, antworteten 17 Testpersonen, dass es ihnen eher schwergefallen sei und drei Testpersonen, dass es ihnen sehr schwergefallen sei. Dabei erklärten die Testpersonen, dass aus der Vignette die genauen Hintergründe nicht hervorgehen würden oder sie eine solche Situation selbst noch nicht erlebt hätten:
    • „Da ich den genauen Hintergrund nicht kenne, weshalb die Frau so austickt.“ (TP961)
    • „Ich habe eine derartige Situation noch nicht erlebt.“ (TP470)
    • „Ich weiß nicht was vorgefallen ist. Aber schlagen finde ich generell sollte nie jemand.“ (TP712)
    Neben dem Verständnis der Frage, war das Ziel herauszufinden, wie die Testpersonen zu ihrer Antwort gekommen sind. Die Gegenüberstellung der Begründungen der Testpersonen und der jeweilig zugeteilten Vignetten bestätigten die Ergebnisse aus der Varianzanalyse in Tabelle 12. Die Testpersonen, welche die Vignetten 1 oder 2 (Kind wird nicht geohrfeigt) beantwortet haben, erklärten, dass eine energische Diskussion zwischen der Mutter und dem Kind normal wäre und zur Erziehung dazugehöre:
    • „Solange die Diskussionen nur verbal geführt werden und man sich zum Schluss wieder verträgt, ist es eine ganz normale Situation.“ (TP775, Vignette 1)
    • „Wenn Mutter und Kind sich unterhalten, ist das eine Diskussion und hat nichts Negatives. Daraus können die Kinder etwas lernen. Es sollten sich andere Eltern ein Beispiel nehmen. Reden ist immer gut. Die Kinder aus allem raushalten ist falsch.“ (TP443, Vignette 1)
    • „Es ist eine Mutter mit ihrem Grundschulkind, das Kind fängt langsam an sich eigene Meinungen zu bilden, dass es da mal zu Diskussionen kommt, ist logisch, solange die Mutter nicht handgreiflich o.ä. wird, ist es völlig legitim.“ (TP743, Vignette 2)
    Hingegen äußerten die Testpersonen, welche die Vignetten 3 oder 4 (Kind wird geohrfeigt) zugeteilt bekommen haben, (zumeist) eine ablehnende Haltung gegenüber der Gewalt:
    • „Gewalt sollte nie gegenüber Kindern angewendet werden.“ (TP1031, Vignette 3)
    • „Ich bin gegen Gewalt in jeder Form und besonders gegen Kinder.“ (TP551, Vignette 4)
    • „Gewalt gegenüber Kindern verurteile ich.“ (TP886, Vignette 4)
    • „Wenn jeder bereit wäre, unreflektiert sein Kind zu schlagen, gibt es irgendwann viele Erwachsene mit psychischen Problemen und eventuell Gewaltpotential.“ (TP842, Vignette 4)
    Einzelne Testpersonen hingegen relativierten die Gewaltbeschreibung der Vignetten 3 und 4:
    • „Ich habe früher als Kind auch die eine oder andere Ohrfeige kassiert, wenn ich Mist gebaut habe. Manchmal muss man Kindern die Grenzen aufzeigen.“ (TP587, Vignette 3)
    • „Ich kenne die Vorgeschichte nicht, deshalb kann ich es nicht beurteilen. Eine leichte Schelle hat noch niemandem geschadet.“ (TP607, Vignette 4)
    Zudem argumentierten mehrere Testpersonen, die Vignette 3 oder 4 gelesen hatten, dass die Situation nicht unbedingt auf die gesamte Nachbarschaft übertragbar sei:
    • „Ich denke, es kommt auf die Situation und die Familie drauf an. Nicht automatisch heißt eine solche Situation, dass es in der Nachbarschaft schlecht zugeht.“ (TP553, Vignette 4)
    • „Es ist eine Momentaufnahme, die hier beschrieben wird. Aus der Beschreibung geht nicht hervor, ob die Mutter schon öfter mit aggressivem Verhalten ihrem Kind gegenüber aufgefallen ist, oder nicht. Gewalt gegen Kinder kommt in allen sozialen Schichten vor, und nicht nur in bestimmten Wohngegenden.“ (TP613, Vignette 3)
  1. Thema der Frage: Gesellschaft & Soziales
  2. Konstrukt: Vignettenexperiment