Die 15 Testpersonen konnten sich alle für eine Antwortkategorie entscheiden. Die Antwortkategorien
„Ausschließlich der Inflation“ (TP 01, 03, 09) und „Größtenteils der Inflation“ (TP 08, 10, 13) wurden
von jeweils drei Testpersonen ausgewählt, für die Kategorie „Größtenteils der Arbeitslosenrate“ entschieden
sich zwei Testpersonen (TP 01, 14). Die Mehrheit von sieben Testpersonen entschied sich jedoch
für die Antwort „Inflation und Arbeitslosenrate gleichermaßen“. Die letzte Antwortoption wurde
von keiner Testperson gewählt.
Die Testpersonen, die ausschließlich das Verringern der Inflation als Kernkompetenz der EZB ansehen,
begründen ihre Antwort damit, dass „
die Bank nichts mit der Arbeitslosenrate zu tun hat“ (TP 01).
Testperson 03 argumentiert ähnlich. Testperson 09 erläutert, sie habe sich deshalb für die erste Antwortkategorie
entschieden, weil die EZB kein Mandat zur Reduzierung der Arbeitslosenrate besäße:
„
Das Mandat der EZB umfasst neben der Regulierung des Finanzsektors nur die Steuerung der Inflationsrate
im Euroraum. Und das halte ich auch für sinnvoll. Das steht nämlich hinter der Trennung,
also der Autonomie der EZB gegenüber politischen Einflüssen. Und da gibt es gute Gründe für. Um
verdeckte Staatsfinanzierung und dergleichen zu vermeiden, ist die EZB unabhängig und hat ein klares
Mandat und das umfasst eigentlich keine Wirtschaftspolitik, abgesehen von der Steuerung der
Inflation.“
In die gleiche Richtung argumentieren auch diejenigen Testpersonen, die die Antwort „Größtenteils der
Inflation“ gegeben haben:
- „Die Bank hat was mit dem Geld zu tun und eine andere Institution hat was mit den Arbeitslosen
zu tun. Also, dass man natürlich das eine oder andere nicht außer Acht lassen
sollte. Ich weiß gar nicht, wie es in Wirklichkeit gemacht wird, ehrlich gesagt, ob die sich
dafür überhaupt interessieren. Aber ich denke da hat so jeder seine Kompetenzen und ich
weiß nicht, ob Arbeitslosigkeit eine Kompetenz der EZB ist.“ (TP 08)
- „Weil ich denke, die EZB ist ein Institut, das mit Geld arbeitet. Arbeitslosenrate hängt
zwar auch mit dem Leitzins zusammen, aber insgesamt denke ich, dass die Arbeitslosenrate
von der Politik behandelt werden sollte und nicht von einem Institut, also nicht von
einer Bank.“ (TP 13)
Testperson 10 entscheidet sich dafür, weil sich „
beides bedingt“ und die EZB durch das Beeinflussen
der Inflation „
auch direkt auf die Arbeitslosenrate Einfluss nehmen kann“ (TP 10).
Eine ähnliche Argumentation liegt auch bei einem Teil der Testpersonen vor, die sich für die Antwort
entschieden haben, dass sich die EZB um beide Bereiche gleichermaßen kümmern sollte:
- „Wenn die Arbeitslosenrate hoch ist, dann sollen die gucken, dass die viele Kredite an Unternehmen
geben, aber dadurch, dass die die Kredite so wegschmeißen, ist das Geld ja
bald auch nichts mehr wert.“ (TP 05)
- „Und jetzt nur die Inflation, klar es ist wichtig, dass die in einem Rahmen liegt, aber jetzt
nur darauf zu beharren, macht denke ich auch keinen Sinn. Wenn die Arbeitslosenrate zu
hoch wird, dann sinkt wieder die Kaufkraft und das schwächt wieder das Wirtschaftswachstum.
Also dieser Kreislauf. Deswegen sollte die EZB schon versuchen, alle Bereiche
zu gewichten.“ (TP 12)
Die beiden Testpersonen, deren Meinung nach sich die EZB größtenteils um die Arbeitslosenrate kümmern
sollte, begründen ihre Entscheidung zum einen damit, dass die Arbeitslosenrate in Europa sehr
hoch sei und sie daher das drängendere Problem wäre (TP 07), zum anderen „
weil das einfach sympathischer“
(TP 14) sei.
Die beiden zuletzt beschriebenen Begründungen weisen am deutlichsten auf die Probleme bei dieser
Frage hin. Zum einen wissen die meisten Testpersonen nicht, welches Mandat die EZB hat und welche
Aufgaben damit verbunden sind. Zum anderen ist (wie bereits bei Frage 1 erläutert) einem ebenfalls
nicht kleinen Teil der Testpersonen der Zusammenhang zwischen Inflationsrate und Arbeitslosenrate
nicht klar. Beispielsweise äußert Testperson 05 spontan, sie habe „
immer noch nicht verstanden, warum
automatisch mehr Arbeitslose für eine geringe Inflation gut sind oder umgekehrt“ (TP 05). Die
Testpersonen 08, 11 und 14 geben bei der Erklärung ihrer Antwortwahl an, dass sie die Beantwortung
schwer fanden bzw. ihnen der Überblick über das Thema fehlt.
Die Erklärungen der Testpersonen zeigen auf, dass die meisten sowohl eine hohe Inflationsrate als auch
eine hohe Arbeitslosenrate ablehnen. Ferner sind die meisten der Meinung, dass sich um beides gleichermaßen
gekümmert werden sollte. Die am häufigsten gewählte Antwortkategorie „Inflation und Arbeitslosenrate
gleichermaßen“ spiegelt nur bedingt die Meinung der meisten Testpersonen wieder da
diese sehr wahrscheinlich als Ausweichkategorie zu bewerten ist.