Category Selection Probing.
Den Befragten wurde zufällig eines der Themen „Sterbehilfe“, „Zuwanderung“ oder „Steuergerechtigkeit“
zugeteilt, daher liegen die Antworten von je einem Drittel der Befragten zu jeder der drei Fragevarianten
vor. Zu jedem Thema wurde zunächst die Frage gestellt, mit welchem Verfahren darüber
entschieden werden soll. Um noch nähere Informationen zu erhalten, wurde anschließend nach der
individuellen Einstellung gefragt (
„Sind Sie selbst [eher dafür oder dagegen, Sterbehilfe zuzulassen? /
eher der Meinung, dass es zu viel oder zu wenig Zuwanderung gibt? / eher der Meinung, dass höhere
Einkommen stärker oder geringer besteuert werden sollten?]“). Abschließend wurden die Befragten
gebeten, ihre Antwort auf Frage 6 zu begründen (Category Selection Probing).
Am meisten Zustimmung finden diejenigen Verfahren, die die Meinung aller (Volksabstimmung) oder
vieler (Dialog von beteiligten Gruppen) berücksichtigen. Das unbeliebteste Verfahren für die erfassten
Themenbereiche stellt die repräsentative Demokratie dar, bei der lediglich die Abgeordneten entscheiden.
Vereinzelt (n=4) gibt es Hinweise darauf, dass die Befragten eine Kombination zweier Verfahren
begrüßen würden:
- „Ich glaube, dass Leute, die davon nicht betroffen sind, nicht zu einer guten Lösung kommen
können. Natürlich muss diese Lösung noch abgesegnet werden durch das Parlament.“ (TP 92,
Thema Sterbehilfe, Antwort: 4)
- „Ich denke, ein Expertengremium wäre gut, um die Entscheidung dann in einem folgenden
Schritt vom Parlament abzusegnen. Ich bin für die Kombination von Expertengremium und
Regierungsentscheid.“ (TP 59, Thema Sterbehilfe, Antwort: 4)
- „Ich will doch einmal davon ausgehen, dass sich unsere politischen Vertreter vor einer Meinungsbildung
umfassend mit betroffenen Gruppen und Experten zusammengesetzt haben.
Danach müssen Entscheidungen von unserem Bundestag getroffen werden. Dafür haben wir
sie doch gewählt.“ (TP 51, Thema Zuwanderung Antwort: 2)
- „Sie erscheint mir am Logischsten, denn alle müssen ja hinterher mit der Entscheidung leben.
Ich hätte allerdings die Antwort 1 ebenfalls angekreuzt, wenn das möglich gewesen wäre,
denn das gehört für mich zusammen.“ (TP 70, Thema Zuwanderung, Antwort: 4)
Sterbehilfe:
Die Mehrheit der zum Thema Sterbehilfe Befragten präferiert eine Volksabstimmung nach einer öffentlichen
Debatte (41.2%) oder ein Dialogverfahren aller betroffenen Gruppen (32,4%). Als Begründung
für diese Entscheidung wurde einerseits angegeben, dass es bei diesem Thema wichtig sei, die
Ansichten aller einzuholen, und andererseits, dass dieses Vorgehen die beste Lösung sei, um eine Entscheidung
über die Zulässigkeit von Sterbehilfe zu finden:
- „Das Thema ist so heikel, dass möglichst eine große Bevölkerungsschicht darüber abstimmen
sollte.“ (TP 15, Antwort: 1)
- „Die Sterbehilfe ist ein Thema, bei dem man es nie allen Recht machen wird. Somit ist es besonders
wichtig, auf spezielle Punkte der beteiligten Gruppen einzugehen, um einen möglichst
sinnvollen Kompromiss zu erzielen.“ (TP 95, Antwort: 4)
Generell sind die Befragten mehrheitlich (85%) für Sterbehilfe (Antworten 4 und 5). Es gibt dabei
keine klare Aufteilung der Befürworter oder Gegner der Sterbehilfe in Bezug auf ein Entscheidungsverfahren.
Zuwanderung
Beim Thema Regulierung von Zuwanderung sind 42,4% der Befragten dafür, dass Vertreter aller betroffenen
Gruppen gemeinsam eine Lösung am „runden Tisch“ finden. Begründet wird dies auch hier
wieder damit, dass es bei diesem Thema wichtig sei, die Ansichten aller einzuholen oder dass dieses
Vorgehen die beste Lösung sei, um eine Entscheidung über die Steuerung von Zuwanderung zu finden:
„Weil ich es wichtig finde, dass alle Beteiligten darüber diskutieren und gemeinsam nach Lösungen
suchen.“ (TP 40, Antwort: 4)
Ein Drittel der Befragten wählt bei der Frage nach dem Umfang (zu wenig – zu viel) der Zuwanderung
die Mittelkategorie. Insgesamt finden 42% (n=14), dass es zu viel Zuwanderung gibt. Es gibt dabei
keine klare Aufteilung der Befürworter oder Gegner von mehr Zuwanderung in Bezug auf ein Entscheidungsverfahren.
Steuergerechtigkeit
Die zum Thema Steuergerechtigkeit Befragten präferieren ein Dialogverfahren aller betroffenen Gruppen
(35,3%) oder eine von unabhängigen Experten erarbeitete Empfehlung (32,4%). Wer sich für die
Kategorie 2 entschieden hat, argumentiert damit, dass Politiker die Rahmenbedingungen für alle festlegen
müssen (n=7), wer Kategorie 3 gewählt hat, begründet dies damit, dass unabhängige Experten
die beste Lösung kennen (n=11) und wer für eine Lösungsfindung durch alle Beteiligen plädiert (n=9),
der sieht darin eine breitere Legitimation für die Verteilung von Steuergeldern:
- „Wahrscheinlich würden viele Menschen unbesonnen eine sofortige Steuersenkung durchsetzen,
wenn es in ihrer Entscheidungsgewalt läge. Dass dies aber auch weitreichende Konsequenzen
für die Integrität der deutschen Wirtschaft hätte, spielt dabei meist keine große Rolle.
Daher ist in solchen Fragen der Deutsche Bundestag der legitime Entscheidungsträger.“ (TP
25, Antwort: 2)
- „Das Steuerrecht ist zu komplex, um von Nichtexperten beurteilt oder verändert werden zu
können. Und die Unabhängigkeit bleibt bei einem Expertengremium hoffentlich gewahrt.
Nur so kann es glaube ich eine vernünftige, vereinfachende, positive Entwicklung des Steuerrechts
geben.“ (TP 22, Antwort: 3)
- „Es muss die Oberschicht, die Mittelschicht und die Unterschicht an einen Tisch. Soll doch mal
ein Politiker einen Monat normal arbeiten, Haushalt versorgen, einkaufen und dann schauen
wieviel er noch sparen kann.“ (TP 82, Antwort: 4)
Fast drei Viertel der Befragten sprechen sich für eine stärkere Besteuerung höherer Einkommen aus
(Antwortkategorien 4 und 5). Einig sind sie sich darin, dass eine Volksabstimmung bei der Festsetzung
von Steuerabgaben ungeeignet ist. Auch bei diesem Thema gibt es keine klare Aufteilung der Befürworter
oder Gegner von einer stärkeren Besteuerung höherer Einkommen in Bezug auf ein Entscheidungsverfahren.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Beantwortung der Frage den Befragten kaum Probleme
bereitet hat, da sich alle auf der Antwortskale verorten können. Darüber hinaus gibt es Hinweise
darauf, dass die Wahl des Verfahrens zur Entscheidungsfindung abhängig davon ist, welches Thema
erfragt wird. Sowohl beim Thema Sterbehilfe als auch bei der Zuwanderungsfrage gibt es den Wunsch,
eine bessere Legitimation über eine breitere Streuung der Entscheidungsträger (Betroffene Gruppen
oder Volksabstimmungen) zu befürworten. Hinsichtlich der Steuergerechtigkeit gibt es ein Votum für
ein stärkeres Einbeziehen von Experten und/oder Betroffenen. Bei allen drei Themen fällt die Zustimmung
zur Entscheidungsfindung allein von Abgeordneten relativ gering aus.