Projekt RISS – Fragen zu Selbstwirksamkeitsüberzeugungen von Jugendlichen im schulischen und politischen Kontext
Allgemeine Informationen:Ebenso wie die vorangegangene Frage, wurde Frage 6 in einer von zwei Versionen gezeigt. Version 1 enthielt die Formulierung „familiärer Hintergrund“ und Version 2 die Formulierung „familiäre Herkunft“.
Einleitungstext:Nun geht es wieder um deine Einschätzungen zur Politik.
Bitte denke auch hier an Menschen mit einem/r ähnlichen familiären Hintergrund/Herkunft.
Zur Erinnerung: Mit dem/r ‚familiären Hintergrund/Herkunft‘ ist gemeint, dass Familien in Deutschland sehr unterschiedlich sind. Manche leben zum Beispiel schon immer hier, während andere irgendwann aus einem anderen Land nach Deutschland gezogen sind. In manchen Familien haben die Eltern studiert, in anderen nicht. Außerdem unterscheiden sich Familien darin, wie viel Geld sie zur Verfügung haben.
Diese und ähnliche Aspekte bilden den/die ‚familiäre/n Hintergrund/Herkunft‘ um den/die es auch hier geht.
Fragetext:Wie sehr stimmst du den folgenden Aussagen zu?
Instruktionen:Bitte mach in JEDER Zeile ein Kreuz.
Befund zur Multi-Item-Skala:Informationen zur Frage und Ziel der Testung:
Frage 6 soll die externe Selbstwirksamkeit von Menschen mit einem ähnlichen familiären Hintergrund wie dem des/der Befragten im politischen System messen.
Leitfragen und Befunde:
Die Antworten der Testpersonen wiesen wenig Varianz auf. Eine Testperson ließ das erste und letzte Item unbeantwortet. Von dieser Person abgesehen verorteten sich alle Testpersonen auf einer Seite der Antwortskala und bekundeten damit eine hohe externe Selbstwirksamkeit von Menschen mit einem ähnlichen familiären Hintergrund im politischen Kontext. Der ersten und zweiten Aussage stimmten alle Testpersonen (eher) zu, wohingegen sie der dritten Aussage mit der Negation (eher) nicht zustimmten.
Wen betrachten die Testpersonen als Bezugsgruppe bei der Formulierung „Menschen mit meinem familiären Hintergrund bzw. meiner familiären Herkunft“ in Frage 6?
Die Testpersonen dachten bei Frage 6 an Menschen mit einem vergleichbaren familiären Hintergrund zu ihnen selbst, schlossen bei dieser Frage aber explizit Erwachsene mit ein. Dies erklärten sie vor allem mit den umfassenderen Möglichkeiten von Erwachsenen, politisch aktiv zu sein:
„Vorhin [bei Frage 4] waren Leute in meinem Alter gemeint […] [Frage 6] habe ich generell auf Leute mit meinem familiären Hintergrund, also auch auf Erwachsene, bezogen. Die können ja, weil sie auch Deutsche sind, wählen gehen und theoretisch Politiker werden.“ (TP01)
„Nicht nur an Menschen in meinem Alter, sondern auch über 18, die das Recht haben, zu wählen und ihre Meinung zu äußern.“ (TP03)
„Ich habe an erwachsene, berufstätige Menschen gedacht, die in einem ähnlichen Umfeld wie meine Eltern und ich leben, vom Bildungsgrad her, von der Herkunft und vom Geld, das man zur Verfügung hat.“ (TP05)
Die Testpersonen berücksichtigten bei ihrem familiären Hintergrund in der Regel dieselbe/n Facette/n wie bei der vorangegangenen Frage 5. Beispielsweise dachten zwei Testpersonen ausschließlich an den Migrationshintergrund (TP01, 03). Bei einer Testperson verschob sich allerdings der Fokus der Facetten (TP02). Sie bedachte zwar weiterhin vorrangig die finanzielle Situation und die Herkunft. Allerdings fokussierte diese Testperson ab Frage 6 zunehmend darauf, ob eine eingewanderte Person bereits die deutsche Sprache gut beherrsche.
Wie bewerten die Testpersonen ihre Selbstwirksamkeit in Bezug auf ihren familiären Hintergrund in Frage 6 im Vergleich zu ihrer persönlichen Selbstwirksamkeit in Frage 4?
Die Testpersonen wählten bei Frage 6 größtenteils andere Antworten als bei den korrespondierenden Aussagen in Frage 4. Allerdings setzten sie ihre Antworten in einem logischen Bezug zueinander, so dass die unterschiedlichen Einschätzungen gut begründet waren.
Empfehlungen zur Multi-Item-Skala:Frageversion: Wir empfehlen, analog zu Frage 5, die Formulierung „familiärer Hintergrund“ zu verwenden, da sie dem mehrdimensionalen Verständnis, das die Erläuterung zugrunde liegt, besser entspricht.
Bezugsgruppe „Menschen mit meinem familiären Hintergrund“: Im Gegensatz zu Frage 5, die sich auf den schulischen Kontext bezog und somit automatisch auf andere Jugendliche, dachten die Testpersonen bei Frage 6 bei „Menschen mit meinem familiären Hintergrund“ insbesondere an erwachsene Menschen in vergleichbaren Lebensumständen. Wenn dies gewollt ist, kann die Formulierung belassen werden. Sollte es bei Frage 6 gezielt um die Selbstwirksamkeit von Jugendlichen vor dem Hintergrund ihres familiären Hintergrunds gehen (im Vergleich zu Jugendlichen mit anderen familiären Hintergründen), sollte dies explizit erwähnt werden.
Frageformat und Antwortoptionen: Wir empfehlen, diese Frage in einem Item-by-Item Design zu präsentieren. Zusätzlich können item-spezifische Antwortoptionen in Erwägung gezogen werden (siehe Empfehlung zu Frage 3). Dies würde sich mit dem Bedürfnis der Testpersonen decken, dass ihre Antwort eine klar definierte Bedeutung haben soll (siehe Frage 4). Wenn eine durchgehende Antwortskala beibehalten wird, empfehlen wir die 5stufige, voll-verbalisierte Antwortskala aus den Fragen 3 und 5.
Itemtext:a. Menschen mit meinem/r familiären Hintergrund/Herkunft werden in der Politik fair behandelt.
Empfehlungen:Die Ergebnisse des Pretests deuten auf keine Probleme des Items hin, weshalb es in seiner jetzigen Form belassen werden kann. Eine etwaige Revision des Items sollte analog zu Frage 4 geschehen.
Befund zum Item:Der korrespondierenden Aussage in Frage 4 („Von der Politik fühle ich mich fair behandelt.“) hatten vier der sechs Testpersonen eher nicht zugestimmt oder aber die Mittelkategorie gewählt (Werte 3 oder 4). Drei dieser vier Testpersonen stimmten der Aussage in Frage 6 nun zu (TP01, 03, 06). Alle drei begründeten die Unterschiede im Antwortverhalten damit, dass sie nun auch Erwachsene mit ihrem familiären Hintergrund berücksichtigten und diese Gruppe fair(er) behandelt werde. Die verbleibende Testperson, die bei Frage 4 die Mittelkategorie ausgewählt hatte, ließ die korrespondierende Aussage in Frage 6 unbeantwortet (TP04). Sie begründete dies damit, dass sie die Aussage nicht pauschal für Menschen mit ihrem familiären Hintergrund beantworten könne. Es gäbe zwar Meinungen in ihrem Familienkreis, dass die Politik sie nicht fair behandeln würde, sie könne die Richtigkeit dieser Aussage aber nicht einschätzen.
Die verbleibenden beiden Testpersonen wählten entweder zweimal dieselbe Antwort oder stimmten der Aussage in Frage 6 etwas weniger zu. Die Testperson, die beide Aussagen gleich beantwortete (Wert 6), tat dies bewusst und erklärte, dass sie sich als Individuum und in Bezug auf ihren familiären Hintergrund von der Politik fair behandelt fühle (TP02). Die Testperson, die der Aussage in Frage 6 etwas weniger zustimmte, erklärte, dass sie selbst von der Politik etwas fairer behandelt werde als andere Menschen mit ihrem familiären Hintergrund. Sie begründete dies damit, dass sie „als Schüler noch ein paar Privilegien genieße, weil ich zum Beispiel bei den Steuern einen Freibetrag habe, den andere Berufstätige mit demselben familiären Hintergrund, die ein paar Jahre älter sind, nicht mehr haben“ (TP05).
Thema der Frage:Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
Konstrukt:Familiärer Hintergrund und Selbstwirksamkeit im politischen Kontext
Ja
b. Das politische System in Deutschland bietet Menschen mit meinem/r familiären Hintergrund/Herkunft Möglichkeiten, aktiv Einfluss auf die Politik zu nehmen.
Itemtext:b. Das politische System in Deutschland bietet Menschen mit meinem/r familiären Hintergrund/Herkunft Möglichkeiten, aktiv Einfluss auf die Politik zu nehmen.
Empfehlungen:Die Ergebnisse des Pretests deuten auf keine Probleme des Items hin, weshalb es in seiner jetzigen Form belassen werden kann.
Befund zum Item:In Frage 4 lautete einer der Aussagen, „Das politische System in Deutschland bietet mir Möglichkeiten, aktiv Einfluss auf die Politik zu nehmen.“ Dieser Aussage hatten die Testpersonen entweder sehr deutlich zugestimmt oder sehr deutlich nicht zugestimmt. Bei der korrespondierenden Aussage in Frage 6, in der es um Menschen mit einem vergleichbaren familiären Hintergrund ging, stimmten alle Testpersonen zu. Alle Testpersonen erinnerten sich an die vorausgegangene, ähnliche Frage und setzten ihre Antworten in Bezug zueinander.
Alle drei Testpersonen, die in Frage 4 angegeben hatten, keinen oder kaum aktiv Einfluss auf die Politik nehmen zu können (Werte 1 oder 2) an, stimmten der Aussage in Frage 6 zu (Werte 6 oder 7; TP01, 03, 06). Wieder begründeten alle dies damit, dass sie bei Frage 6 Erwachsene mit einbezogen hätten und diese wahlberechtig seien:
„Bei [Frage 4] hatte ich an dieser Stelle ‚stimme nicht zu‘ gewählt, weil es ja um mich ging und ich noch nicht volljährig bin. Hier aber geht es auch um Menschen über 18. Die haben auf jeden Fall Möglichkeiten, aktiv Einfluss auf die Politik zu nehmen.“ (TP06)
Auch die Testperson, die Frage 4 nicht beantwortet hatte, weil sie sich, außer wählen zu gehen, keine Möglichkeit vorstellen konnte, aktiv Einfluss auf die Politik zu nehmen, stimmte der entsprechenden Aussage in Frage 6 eher zu. Sie gab zwar an, weiterhin Probleme zu haben, sich etwas unter „aktiv Einfluss auf die Politik zu nehmen“ vorzustellen. Dass sie der Aussage nicht „voll und ganz“ zustimmte, lag an einer bleibenden Skepsis, dass allen Menschen in Deutschland dieselben Möglichkeiten offenständen:
„Wie vorher denke ich an die Wahl und hoffe, dass dort keine Unterschiede von der Herkunft her gemacht werden […] Es gibt sicher auch weniger Chancen für Leute meiner Herkunft oder mit anderer Hautfarbe, eine Position in einer Partei und damit ein Teil der Politik zu sein.“ (TP04, Wert 5)
Eine Testperson stimmte beiden Aussagen „voll und ganz“ zu, weil dieselben Möglichkeiten ihr als Individuum zustünden wie allen anderen Menschen mit ihrem familiären Hintergrund:
„Ich habe [bei Frage 4] so argumentiert, dass mir keine Steine in den Weg gelegt werden. Wenn ich Lust hätte, mich zu engagieren, wäre das auf jeden Fall möglich. Dieselbe Begründung trifft hier auch zu.“ (TP05, Wert 7)
Nur eine Testperson wählte bei Frage 6 einen leicht niedrigeren Wert als bei Frage 5, stimmte beiden Aussagen aber eher zu. Sie bezog sich bei dieser Aussage auf die Möglichkeiten von Menschen aus vergleichbar finanziell wohlhabenden Familien, aktiv Einfluss auf die Politik nehmen zu können, und erklärte, dass sie zwar wohlhabend seien, aber nicht wohlhabend genug, um großen Einfluss auszuüben (TP02).
Thema der Frage:Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
Konstrukt:Familiärer Hintergrund und Selbstwirksamkeit im politischen Kontext
Ja
c. Politiker kümmern sich nicht darum, was Menschen mit meinem/r familiären Hintergrund/Herkunft denken.
Itemtext:c. Politiker kümmern sich nicht darum, was Menschen mit meinem/r familiären Hintergrund/Herkunft denken.
Empfehlungen:Die Ergebnisse des Pretests deuten auf keine Probleme des Items hin, weshalb es in seiner jetzigen Form belassen werden kann. Sollte allerdings das korrespondierende Item aus Frage 4 umformuliert werden, um die Negation herauszunehmen, sollte dies hier analog geschehen.
Befund zum Item:Alle Testpersonen stimmten der dritten Aussage (eher) nicht zu, unabhängig davon, wie sie in Frage 4 beurteilt hatten, ob Politiker sich darum kümmern, was sie (persönlich) denken. Sie begründeten ihre Ablehnung der Aussage in Frage 6 allerdings weniger mit gesellschaftlichen Vor- oder Nachteilen von Menschen mit ihrem familiären Hintergrund, sondern damit, dass es Politikern grundsätzlich nicht egal sein könne, was Gruppen von Menschen oder Interessengruppen denken:
„Wenn mehrere Leute mit derselben familiären Herkunft – jetzt egal welche – wenn ganz viele Menschen die gleiche Meinung vertreten, dann merken das auch vielleicht die Politiker, und können daran auch etwas ändern.“ (TP03)
„Ich habe nicht zugestimmt, weil die Meinung von einer Gruppe ja eher vertreten wird von Politikern.“ (TP05)
„Ich finde schon, dass Politiker sich darum kümmern. Also ich meine dafür sind die Politiker auch da. Jetzt nicht um einen Menschen, aber um Menschengruppen, die für etwas sind, darüber wird sich schon gekümmert. Deswegen finde ich, dass sie sich nicht kümmern, stimmt eher nicht. Weiß ich jetzt nicht, ob das was mit meiner familiären Herkunft zu tun hat, bestimmt auch.“ (TP06)
Die Testpersonen, die direkten Bezug zu ihrem familiären Hintergrund nahmen, unterschieden sich weiterhin darin, welche Facette(n) ihres familiären Hintergrunds sie dabei in den Vordergrund stellten:
„Ich habe [meine Antwort] darauf bezogen, dass sich die Politiker nicht darum kümmern, was die Leute mit meinem familiären Hintergrund denken nur wegen dem familiären Hintergrund. Ich glaube, dass es egal ist, woher ich komme.“ (TP01)
„Weil ich denke, dass die Politiker trotzdem versuchen, auf jeden familiären Stand einzugehen, egal wie viel Geld.“ (TP02)
Thema der Frage:Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
Konstrukt:Familiärer Hintergrund und Selbstwirksamkeit im politischen Kontext