Frage 1 soll erfassen, ob und wenn ja, inwiefern sich die Lebenshaltungskosten in sechs Bereichen aufgrund einer Krebserkrankung verändert haben. Die Häufigkeitsverteilung der Antworten und die genannten Beträge sind in den Tabellen 2 und 3 aufgeführt.
Die Ausgaben in den Lebensbereichen „Wohnen“ und „Freizeitkosten“ hatten sich für die Mehrheit der Testpersonen nicht verändert. In den Bereichen „Lebensmittel“ und „Kleidung“ gaben etwa gleich viele Testpersonen an, die Ausgaben seien gleich geblieben und hätten sich erhöht. Ausgaben für „Pflegeprodukte“ und „Fahrt- und Parkkosten“ hatten sich für die Mehrheit der Testpersonen erhöht. Vereinzelt wurde auch eine Verringerung der Lebenshaltungskosten berichtet, allerdings nur in den Bereichen „Freizeitkosten“, „Kleidung“ und „Pflegeprodukte“.
1. Fällt es den Testpersonen schwer, Angaben für die einzelnen Positionen zu machen?
Etwas mehr als die Hälfte der Testpersonen (
n = 9) hatte Schwierigkeiten, die gesamte Frage oder Teile davon (korrekt) zu beantworten. Fünf Testpersonen gaben Gesamtbeträge seit ihrer Krebserkrankung an, statt die Veränderung der Kosten pro Monat zu berichten. Zwei davon erläuterten, dass eine Abfrage von monatlichen Beträgen für den Bereich „Kleidung“ nicht sinnvoll sei, da diese nur einmalig neu angeschafft wurde:
- „Kleidung kann man nicht genau festmachen. Denn ich musste ja nach den Operationen und dieser ganzen Sache meine komplette Kleidung um zwei Kleidergrößen reduzieren. Das heißt, ich habe direkt danach 700 bis 800 Euro ausgeben müssen, aber eben nicht monatlich, sondern in einem Mal, vielleicht verteilt auf zwei Monate. Man kann das ja nicht monatlich sagen. Wenn man eine Krebserkrankung hat und Operationen hatte und so, dann ist das ja nicht regelmäßig monatlich, sondern man braucht dann ja etwas Neues. Das ist nicht gut formuliert.“ (TP03)
Zwei andere Testpersonen nannten Gesamtbeträge für erhöhte Ausgaben für Fahrt- und Parkkosten (TP05, TP07) und eine Testperson (TP13) für Pflegeprodukte, wobei diese hierzu (fälschlicherweise) die Anschaffung einer Perücke zählte:
- „Ich habe an die Kilometerzahl gedacht, die ich in die Klinik zurücklege. Das sind pro Termin ca. 300km hin und zurück, zwei- bis dreimal im Monat. Das sind die Fahrtkosten. Und dann noch über mehrere Stunden die Parkkosten.“ (TP05, Fahrt- und Parkkosten: 2.500€)
- „Fahrt- und Parkkosten haben sich geändert, in der Form, dass ich bei der Chemotherapie ein Taxi nehme und da ist der Eigenanteil pro Fahrt 5 Euro.“ (TP07, Fahrt- und Parkkosten: 50€)
- „Da steht ja ‚Perücken‘. Da habe ich ‚erhöht‘ angekreuzt. Das waren etwa 300 Euro, die ich zuzahlen musste für die Perücke.“
(TP13, Pflegeprodukte: 300€)
Auch Testperson 04 gab an, dass ihr zunächst unklar war, ob sie bei den Pflegeprodukten auch die Ausgaben für die Anschaffung einer Perücke berücksichtigen solle oder nicht:
- „Hier steht bei Pflegeprodukte ‚Pflegeprodukte für Perücken‘. Ich habe mir eine Perücke gekauft. Die Pflegeprodukte sind aber nicht das Problem. Ob ich mir ein Shampoo für die Haare oder für die Perücke kaufe, macht keinen Unterschied. Aber eine Perücke ist ja eine ordentliche Ausgabe. Ich dachte jetzt, eine Perücke gehört nicht wirklich zu Kleidung und auch nicht zu Pflegeprodukten. Wird das noch woanders abgefragt?“ (TP04)
Auf die entsprechende Nachfrage (N1_F1, s. Anhang) gaben drei Testpersonen (TP14, TP15, TP16) an, die Beantwortung der Frage sei ihnen „eher schwer“ oder „sehr schwer“ gefallen, da sie die genauen Beträge nicht kennen würden. Während die Testpersonen 14 und 16 monatliche Beträge für die Kosten berechneten bzw. schätzten, gab Testperson 15 für alle Bereiche (außer Freizeitkosten) nur eine Erhöhung der Kosten an, ohne einen Betrag zu nennen:
- „Sie wollen den Betrag und nicht eine Prozentzahl, richtig? Das kann man schwer schätzen. Heizung und Strom haben sich um ca. 20% erhöht. Den monatlichen Betrag müsste ich jetzt erst ausrechnen, das wären im Monat mindestens 30 Euro.“ (TP14)
- „Weil ich die monatlichen Beiträge nicht weiß. Wie es jetzt im neuen Jahr ist, da steigt ja alles. Und da weiß ich es halt nicht, denn ich bin jetzt seit Dezember im Krankenhaus. Da habe ich noch keinen Überblick.“ (TP15)
- „Anzugeben, ob es gleich geblieben ist oder sich verändert hat, war leicht. Aber absolute Beträge anzugeben war nicht so leicht. Also wenn Sie da den genauen Betrag wollten, müsste man das vorab wissen. Das war jetzt nur eine Schätzung.“ (TP16)
2. Geben die Testpersonen ausschließlich Veränderungen an, die sich aufgrund der Krebserkrankung ergeben haben?
Alle 14 Testpersonen, die Veränderungen in ihren Lebenshaltungskosten berichteten, gaben an, dass diese im Zusammenhang mit ihrer Krebserkrankung stünden und sich ohne die Erkrankung nicht ergeben hätten.
Erhöhungen der Ausgaben wurden in allen sechs Bereichen genannt und bezogen sich meist auf die folgenden Kosten:
- Wohnen: Strom- und Heizkosten (z. B. TP10: „Nachdem ich so viel abgenommen habe, musste ich die Heizung hochdrehen.“)
- Lebensmittel: Gesündere Lebensmittel, kleinere Portionen/Verpackungen (z. B. TP10: „Das hat sich natürlich erhöht. Ich muss wesentlich andere Lebensmittel kaufen als vorher. Aufgrund meiner Leukämie darf ich nicht mehr alles essen. Das heißt, ich muss viele kleine Portionen kaufen. Ich darf nichts nochmal erwärmen.“; TP14: „Lebensmittelkosten haben sich erhöht, da ich auf Bio umgestiegen bin und versuche, mich gesünder zu ernähren und viel Obst und Gemüse zu essen. Das ist alles teurer.“)
- Freizeitkosten: Kosten für Ausflüge, Urlaube, Massagen (z. B. TP02: „Also wenn damit jetzt auch Urlaube oder Wochenendausflüge gemeint sind, dann hat es sich schon erhöht.“; TP14: „Freizeitkosten, da bekomme ich z. B. Massagen, weil ich nach der Chemo immer so verspannt bin.“)
- Kleidung: Engere oder weitere Kleidung wegen Gewichtsabnahme oder -zunahme (z. B. TP11: „Bei der Kleidung, dadurch, dass sich auch das Gewicht geändert hat, braucht man dann schon mal eine Hose oder auch Oberteile.“)
- Pflegeprodukte: Pflegeprodukte für die Perücke, Hautcreme (z. B. TP16: „Pflegeprodukte hat sich erhöht, weil die Chemotherapie die Haut trocken und schuppig macht und man da Pflegeprodukte nehmen soll.“)
- Fahrt- und Parkkosten: Transportkosten für Klinikaufenthalte (z. B. TP05: „Ich habe an die Kilometerzahl gedacht, die ich in die Klinik zurücklege. Das sind pro Termin ca. 300km hin und zurück, zwei- bis dreimal im Monat. Das sind die Fahrtkosten. Und dann noch über mehrere Stunden die Parkkosten.“)
Verringerungen der Ausgaben wurden nur bei drei der sechs Bereiche genannt und bezogen sich auf die folgenden Kosten:
- Freizeitkosten: Wegfall von Fitnessstudiogebühren, Restaurantkosten (z. B. TP01: „Ich gehe aufgrund meiner Erkrankung momentan nicht ins Fitnessstudio.“; TP06: „Freizeitkosten würde ich sagen, haben sich eher verringert, logischerweise irgendwo. Es ist so, dass man aufgrund des angeschlagenen Immunsystems eher auf Restaurantbesuche und so verzichtet.“)
- Kleidung: Weniger Shopping (TP01: „Da ich mich momentan im persönlichen Lockdown befinde, gehe ich nicht wie früher Shoppen. Daher haben sich Ausgaben für Kleidung um ca. 100 Euro verringert. Das habe ich früher schon so im Monat ausgegeben.“)
- Pflegeprodukte: Weniger Produkte (TP01: „Ich brauche ja momentan nichts, wie z. B. eine Augenfaltencreme, die ich vorher immer benutzt habe.“)
3. Wird den Testpersonen deutlich, dass sie einen Differenzbetrag zur Situation vor der Krebserkrankung angeben sollen?
Zwei Testpersonen (TP01, TP11) war nicht klar, dass sie einen Differenzbetrag angeben sollten. Testperson 01 übersah zunächst die letzte Spalte, in die die monatlichen Beträge eingetragen werden sollen und nannte diese erst auf Nachfrage im Interview. Testperson 11 gab nicht die Differenz zu ihren Ausgaben vor der Erkrankung an, sondern ihre insgesamten monatlichen Ausgaben (Wohnen:
„Miete, Heizung und Strom, das sind bei mir im Monat insgesamt 800 Euro. Das ist gleich geblieben.“; Lebensmittel:
„Die Kosten haben sich erhöht. Das beläuft sich auf 200 bis 300 Euro. Weil ich auch nicht alles essen kann, muss ich auch immer austesten.“; Kleidung:
„Monatlicher Betrag sind ca. 100 Euro“).
4. Was verstehen die Testpersonen in dieser Frage unter „Freizeitkosten“?
Die meisten Testpersonen (
n = 14) interpretierten den Begriff wie intendiert, d. h. im Sinne von Kosten, die im Rahmen von Freizeitaktivitäten anfallen (z. B. Fitnessstudiogebühren, Kosten für Restaurant- oder Kinobesuche, Kosten für Hobbies):
- „Freizeitkosten fallen bei mir eigentlich überhaupt nicht an. Meine Freizeit besteht aus Wandern, Spazierengehen. Da fallen ja keine Kosten an. Das war schon vorher so und da hat sich auch nichts geändert. Ich habe keine Fitnesskurse besucht und Rehamaßnahmen hatte ich bisher auch nicht. An meinen Kosten hat sich nichts geändert.“ (TP05)
- „Also Freizeitkosten, da würde ich jetzt zum Beispiel an Sport denken, Fitnessstudio oder Schwimmen gehen oder so etwas. Oder vielleicht auch ins Kino gehen oder ins Theater oder so etwas. […] Das sind für mich Freizeitkosten.“ (TP09)
- „Freizeitkosten, denke ich, sind auch zum Beispiel ins Kino gehen oder zum Bowling oder Kegeln.“ (TP11)
Auffällig ist jedoch, dass sich sechs der 14 Testpersonen ausschließlich auf die in den Beispielen genannten zwei Bereiche bezogen und daher möglicherweise nicht ihre tatsächlichen Freizeitkosten (in vollem Umfang) angaben:
- „Ich habe regelmäßig Gerätetraining gemacht. Das kann ich eben nicht mehr, weil ich dort nicht mehr hinkomme.“ (TP03)
- „Rehamaßnahmen habe ich noch nicht. Das kommt noch. Und Fitnesskurse habe ich stillgelegt, wie gesagt.“ (TP13)
Testperson 15 missinterpretierte das Item dahingehend, dass es sich nur auf Ausgaben während etwaiger Rehamaßnahmen oder Ausgaben für diese Rehamaßnahmen bezieht. Da sie allerdings noch keine Rehamaßnahmen durchlaufen hat, konnte sie die Kosten hierfür nicht abschätzen und ließ das Item unbeantwortet:
- „Ich verstehe darunter Kosten für Fitnessstudio, Wassergymnastik oder so etwas. Aber wie gesagt, die Kosten kenne ich noch nicht.“ (TP15)
Testperson 02 erläuterte, dass sie unsicher sei, was mit „Freizeitkosten“ gemeint wäre und ob darunter auch Urlaube und Wochenendausflüge fielen. Letztendlich entschied sie sich für diese Interpretation und gab einen Betrag von 400 Euro pro Monat an:
- „Freizeitkosten habe ich jetzt nicht so ganz verstanden. Also geht es da eher so um Urlaub? Weil hier steht jetzt Rehamaßnahmen und Fitnesskurse. Also wenn jetzt damit auch gemeint ist Urlaub oder Wochenendausflüge, dann hat es sich schon erhöht. Wenn es jetzt nur bezogen ist auf die Krankheit, Sport und Reha, da ich beides nicht mache, hat sich auch nichts geändert.“ (TP02)
Testperson 09 wies darauf hin, dass – auch wenn sie selbst keine Schwierigkeiten mit dem Begriff „Freizeitkosten“ hatte – es sinnvoll wäre, die Beispiele in Klammern um Aktivitäten zu ergänzen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erkrankung stünden:
- „Also, für mich war das jetzt relativ gut verständlich. Aber das mit den Freizeitkosten könnte vielleicht für den einen oder anderen nicht ganz schlüssig sein, was damit gemeint ist. Hier in den Klammern steht ja zum Beispiel Rehamaßnahmen oder Fitnesskurse oder so. Also wie gesagt, für mich spielt da eben auch noch, das was ich halt gesagt habe mit rein, mit Kino oder sowas, Theaterbesuche oder Cafébesuche. Was man eben in der Freizeit so macht.“ (TP09)
Die kognitiven Interviews vermittelten den Eindruck, dass die Angabe von Gesamtbeträgen seit der Krebsdiagnose (für die meisten in der Frage genannten Bereiche) intuitiver und einfacher ist als das Berichten von monatlichen Beträgen. Daher empfehlen wir, Gesamtbeträge für die einzelnen Bereiche abzufragen:
Wie haben sich Ihre Ausgaben für Lebensunterhalt und Lebensführung aufgrund Ihrer Krebserkrankung verändert? Falls sie sich erhöht oder verringert haben, geben Sie bitte für jeden Bereich den jeweiligen Gesamtbetrag seit Ihrer Krebsdiagnose an.
Die Spaltenbezeichnung „monatlicher Betrag in etwa (€)“ sollte entsprechend in „Gesamtbetrag seit Diagnose in etwa (€)“ angepasst werden.
Um bei der Datenanalyse einen monatlichen Betrag seit der Krebsdiagnose ermitteln zu können, empfehlen wir, den Zeitpunkt der erstmaligen Krebsdiagnose zu Beginn des Fragebogens abzufragen. Da sich die ersten drei Fragen des Fragebogens, welche nicht im kognitiven Pretest untersucht wurden, explizit mit der Zeit vor und nach der Krebsdiagnose beschäftigen (z. B. Frage 1: „Wie hoch war Ihr individuelles durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen vor Ihrer Krebsdiagnose insgesamt?“), würde sich diese Frage gut in den Kontext der darauffolgenden Fragen einfügen:
Wann wurde bei Ihnen erstmalig eine Krebserkrankung diagnostiziert?
Monat: _______, Jahr: ____________
Darüber hinaus empfehlen wir, die Beispiele zu „Freizeitkosten“ um ein weiteres Beispiel zu ergänzen, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Krebserkrankung steht, wie z. B. „Kino- oder Theaterbesuche“ oder „Kosten für Hobbies“.