PaCo - Mechanismen der Panelkonditionierung in Längsschnittbefragungen: Fragen zu den Themen soziale Erwünschtheit, Geschlechterrollen und Umwelt

Einleitungstext:

Mit den folgenden Fragen wollen wir herausfinden, was besser nicht in der Öffentlichkeit gesagt werden sollte, weil es negative Reaktionen hervorrufen würde. Im Gegensatz dazu können andere Aussagen positive Reaktionen hervorrufen, weil sie mit den Regeln darüber, was offen gesagt werden kann, übereinstimmen.

Fragetext:

Bitte geben Sie für die folgenden Merkmale an, wie peinlich es für eine Person wäre, diese in der Öffentlichkeit zu offenbaren. Es geht nicht darum, wie Sie diese Merkmale persönlich beurteilen, sondern was man öffentlich zugeben kann und was nicht.
Wie peinlich wäre es für eine Person zu offenbaren, dass…

Antwortkategorien:

1 Dies in der Öffentlichkeit zu sagen, wäre überhaupt nicht peinlich
2
3
4
5
6
7 Dies in der Öffentlichkeit zu sagen, wäre sehr peinlich
Haben die Testpersonen Probleme, die Frage zu verstehen und/oder zu beantworten?

Alle Testpersonen beantworteten Frage 14 und nutzten dafür fast die gesamte Breite der Skala. Keine der Testpersonen stellte spontane Nachfragen zum Fragetext oder zeigte andere Anzeichen von Unklarheiten.

Bei beiden Fragen wählten jeweils drei Testpersonen einen Wert links der Skalenmitte und deuteten damit an, dass es einer Person „eher nicht“ oder „überhaupt nicht peinlich“ wäre (Skalenwerte 1 bis 3), die jeweilige Handlung öffentlich zuzugeben. Zwei Testpersonen entschieden sich für den Mittelwert (Skalenwert 4), und fünf Testpersonen wählten einen Wert, der anzeigte, dass dies „eher“ oder „sehr peinlich“ (Skalenwerte 5 bis 7) sei.

Acht der zehn Testpersonen nutzten dieselbe Seite der Antwortskala beim Beantworten der beiden Items, das bedeutet, sie wählten entweder beide Male einen Wert links bzw. rechts der Mitte oder beide Male den Mittelwert. Die zwei Testpersonen, die die Skalenseite wechselten, begründeten dies inhaltlich:
  • TP 02 antwortete, dass das Zugeben von Pornografiekonsum „eher peinlich“ (Skalenwert 5) sei, weil die Frage von „sehr häufigem“ Konsum spreche; das Zugeben von Klauen stufte sie hingegen als „eher nicht peinlich“ (Skalenwert 2) ein, da sie selbst zugab, im Kindesalter einmal einen Kaugummi geklaut zu haben, und schätzte, dass die meisten Menschen solche Erfahrungen haben und dies als Erwachsener offen zugeben könnten.
  • TP 09 stufte das öffentliche Zugeben von Pornografiekonsum als „überhaupt nicht peinlich“ (Skalenwert 1) ein, da dies heutzutage viel offener ausgesprochen werden dürfe als in ihrer Jugend; das Zugeben von Diebstahl stufte sie hingegen als „sehr peinlich“ (Skalenwert 7) ein, weil dies ein Vergehen an der Allgemeinheit sei.

Verstehen die Befragten, dass es hierbei um die Einschätzung geht, wie wünschenswert Merkmale in der Gesellschaft sind und nicht für sie persönlich?

Das zu erfassende Konstrukt der Frage lautete soziale Erwünschtheit, das bedeutet, die Testpersonen sollten angeben, wie wünschenswert diese Merkmale in der Gesellschaft sind, und somit eine Einschätzung der gesellschaftlichen Akzeptanz abgeben. Durch Nachfragen wurde getestet, ob Testpersonen fälschlicherweise ausschließlich ihr persönliches Urteil bezüglich der Handlungen angaben.

Sechs der zehn Testpersonen unterschieden deutlich und bewusst beim Beantworten der Frage zwischen diesen beiden Facetten (TP 01, 02, 03, 05, 08, 10). Diese Testpersonen entschieden sich alle für einen Skalenwert zwischen 2 und 6, also für eine der möglichen Abstufungen neben den Skalenendpunkten.
  • Testperson 10 gab an, dass es „eher peinlich“ (Skalenwert 5) sei, das Ansehen pornografischer Inhalte in der Öffentlichkeit zuzugeben. Sie begründet ihre Antwort damit, dass dies „immer noch so ein bisschen ein Tabuthema“ sei. Auf die Nachfrage hin, ob sie es auch persönlich als peinlich empfinden würde, dies in der Öffentlichkeit zuzugeben, verneinte sie allerdings („Nein. Also, wenn ich das tun würde, hätte ich keine Probleme, das in der Öffentlichkeit zuzugeben. Ich könnte dazu stehen.“).
  • Die beiden Testpersonen, die sich für den Mittelwert entschieden hatten, erklärten dies damit, dass es sowohl einige Menschen gäbe, denen es sehr peinlich wäre, und andere, denen es nicht peinlich wäre: „Ich glaube, dass es von Fall zu Fall unterschiedlich ist und dass ein paar Menschen eher verschlossener sind, was dieses Thema angeht, und ein paar Menschen eher offener. Deswegen konnte ich das nicht so pauschal sagen.“ (TP 01)
Eine Testperson beantwortete die Frage zunächst nur in Bezug auf sich selbst, bemerkte und korrigierte allerdings beim Beantworten der Probing-Frage direkt ihren Fehler (TP 06). Sie gab beim Ausfüllen an, dass es „sehr peinlich“ (Skalenwert 7) sei, das häufige Ansehen pornografischer Inhalte in der Öffentlichkeit zuzugeben. Beim zweiten Durchlesen bemerkte sie: „Da muss ich jetzt sagen, ich glaube, ich habe das nicht richtig beantwortet. Ich bin von mir ausgegangen.“ Allerdings hätte sich ihre Antwort dadurch nur leicht geändert: „Da hätte ich eigentlich 6 nehmen sollen. Mir ist es sehr peinlich, aber ob das allen Leuten so geht, weiß ich nicht. Ich weiß vor allem nicht, wie das bei Jugendlichen ist, ob sich das geändert hat. Wobei, ich glaube schon, dass, wenn Leute danach gefragt werden, es eher nicht zugegeben wird.“

Zwei Testpersonen gingen beim Beantworten der Frage eindeutig ausschließlich von ihrem persönlichen Empfinden aus und bezogen die Sicht der Öffentlichkeit nicht in ihre Antwort mit ein. Beide wählten Extremwerte auf der Skala:
  • „Da bin ich jetzt von mir [ausgegangen]. Ich finde [es] normal, wenn man darüber spricht, und ich habe keine Probleme damit, darüber zu sprechen. Es kann sein, dass viele Leute Probleme damit haben, aber ich finde es gar nicht peinlich.“ (TP 04; Antwort: Skalenwert 1)
  • „Ich gehe jetzt von mir aus. Wenn einer meiner Bekannten oder Freunden sagen würde, ‚ich schaue mir häufig pornografische Inhalte an‘, würde ich das peinlich finden. Ja, definitiv.“ (TP 07; Antwort: Skalenwert 7)
Schließlich unterschied eine Testperson, ob es den meisten Menschen peinlich wäre, das Ansehen pornografischer Inhalte zuzugeben, davon, ob die Gesellschaft dies akzeptiert (TP 09). Der Testperson selbst wäre es nicht peinlich, dies zuzugeben. Ihrer Einschätzung nach wäre es den meisten Menschen aber weiterhin peinlich, weil sie sich vor dem Urteil anderer fürchten würden. Dennoch habe sich die Einstellung der Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten zum Toleranteren hin verändert. Daher wählte die Testperson den Wert 1 „überhaupt nicht peinlich“, denn „den meisten wäre es [zwar] peinlich, aber es ist eigentlich nicht peinlich“.

Eingesetzte kognitive Technik/en:

Category Selection Probe, Confidence Rating, Specific Probe
Itemtext Aktiv getestet
er/sie sich sehr häufig pornografische Inhalte ansieht? Nein
er/sie schon einmal etwas im Wert von unter 50 Euro gestohlen hat? Nein