Islamistische Einstellungen bei jugendlichen Musliminnen und Muslimen in Deutschland

General Information:

Filter: nur wenn Frage 3=ja (Befragter fühlt sich einer Glaubensgemeinschaft zugehörig)

Question Text:

Bitte kreuzen Sie an, wie sehr Sie den folgenden Aussagen zustimmen.
Eine arabische Testperson kritisiert die Formulierung des einleitenden Fragetexts „Bitte kreuzen Sie an, wie sehr Sie den folgenden Aussagen zustimmen“, die im Arabischen holprig sei (AR14). Sie präferiert deutlich die Einleitung, wie sie in Frage 4 verwendet wird: „Bitte geben Sie an, wie sehr Sie den nachfolgenden Aussagen zustimmen“.

Answer Categories:

stimme überhaupt nicht zu
stimme eher nicht zu
mittlere Zustimmung
stimme eher zu
stimme voll und ganz zu
Eine Testperson ändert an einer Stelle ihre Antwort, mehrere Testpersonen beantworten einzelne Items nicht oder erst nach einigem Zögern. Betrachtet man die Erläuterungen dieser Testpersonen, scheint ihre Antwortverweigerung dadurch bedingt, dass sie sich unsicher sind, welche Art von Szenario sie sich unter den Items vorstellen sollen. Sie wollen nicht zustimmen, falls es sich um terroristisches Verhalten handelt, wollen aber auch nicht ablehnen, wenn ihnen der Einsatz für ihre Religion grundsätzlich am Herzen liegt. Einzelne Testpersonen äußern, dass diese Art der Frage sehr persönlich sei und als provokant gedeutet werden könne (TR08, TR10, AR11, AR13). Dies wird unter anderem daran deutlich, dass das letzte Item, das direkt nach der persönlichen Opferbereitschaft fragt, am häufigsten unbeantwortet bleibt. Bei mindestens einer Testperson vermutet der Interviewer, dass sie in einer selbst-administrierten Version an dieser Stelle abgebrochen hätte.

Item-Abfolge und Richtung der Skala

Die verschiedene Polung der Items führt in einzelnen Fällen dazu, dass Testpersonen Zustimmung statt Ablehnung (oder umgekehrt) angeben, und ihre Erläuterungen nicht zu ihren Antworten passen (DE03, TR09). Eine dieser Testpersonen bemerkt erst beim zweiten Lesen, dass Ablehnung der ersten Aussage bedeuten würde, dass sie es für sinnvoll hält, ihr Leben für die Religion zu opfern (TR09). Danach antwortet sie richtig. Eine weitere Testperson denkt zunächst, dass das dritte Item das Gegenteil vom ersten aussagen soll, bemerkt aber dann, dass sie eine Negation übersehen hat (TR08).

Auch die Abfolge der Items stiftet bei einzelnen Testpersonen Verwirrung bezüglich des zweiten Items. Sie sind verunsichert, was im zweiten Item mit „persönlicher Besitz“ gemeint ist, beziehungsweise interpretieren es aufgrund des vorausgehenden und nachfolgenden Items so, dass auch ihr Leben damit gemeint sein müsse (DE01, DE05).

Mit Ausnahme von einzelnen Problemen, das zweite Item einzuordnen, gelingt es den Testpersonen sehr gut, die Items von einander zu differenzieren. Während für manche zwar das erste und dritte Item dasselbe aussagen, unterscheiden andere Testpersonen sehr deutlich, ob sie es generell für sinnlos erachten, ihr Leben zu opfern, und ob sie persönlich dazu bereit wären (TR06, TR10, AR13).

Uneindeutigkeit der Fragen

Eine Testperson verweigert zunächst die Antwort auf die Frage „Es ist sinnlos, sein Leben für die Religion zu opfern“, weil es zu stark von der konkreten Situation abhänge. Während sie dies erläutert, ändert sie aber die Antwort auf „stimme überhaupt nicht zu“ mit der Begründung, dass es gerechtfertigt wäre, um die eigene Familie zu schützen (TR08). Das zweite Item lässt die Testperson unbeantwortet, weil ihr keine passende Beispielsituation einfällt.

In Bezug auf das zweite Item bemängelt eine Testperson, dass sie nicht versteht, wohin ihre Besitztümer gehen sollten und mit welcher Begründung (DE04) und lehnt das Item daher ab. Eine weitere unterscheidet zwischen unnötigem materiellem Besitz, den sie bereit wäre aufzugeben, und lebens-notwendigem Besitz, wie Essen und Trinken, bei dem sie nur Überschüssiges spenden würde. Diese Testperson bildet daher einen Mittelwert und antwortet „mittlere Zustimmung“ (DE05).

Eine Testperson erklärt in Bezug auf das erste Item: „Ich fand diese Frage schwer, so mit meinem… Gewissenskonflikt [lacht]. Ob ich wirklich mein Leben opfern würde, weiß ich nicht, weil ich einfach dieses Ungewisse habe. Das ist so situationsbedingt. Wenn ich wirklich weiß, ich rette meine Religion in dem Moment, dann… [lacht wieder] oh, ich weiß es wirklich nicht! Deswegen habe ich mich schwer getan […] Der Gewissenskonflikt ist so: Diese Religion wird sehr, sehr hoch gestellt. Und als Kind sieht man es ein, aber als Erwachsener spalten sich die Meinungen – auch innerlich, auch in mir. Natürlich ist das immer noch da, dass meine Religion, meine Sprache, alles, mich schon zu dem macht, was ich jetzt bin – aber, sie ist eben nicht alles, was ich bin. Das ist der Konflikt“ (TR10). Die Testperson entscheidet sich für „mittlere Zustimmung“. Auch in Bezug auf das zweite Item wählt die Testperson „mittlere Zustimmung“, mit der Begründung der Unsicherheit, „ob es was bringt“.

Übersetzung der Skala

Die getestete Item-Batterie beruht auf der Skala zu „martyrdom“ von Bélanger et al. (2014) und bezieht sich auf die Bereitschaft, sich für eine wichtige Sache zu opfern. Für die vorliegende Studie wurde sie abgewandelt, um gezielt nach der Bereitschaft, sich für seine Religion zu opfern zu fragen. Im kognitiven Pretest stellte sich heraus, dass die arabische Übersetzung noch die Originalform der Skala enthielt, die sich auf die Opferbereitschaft für „eine wichtige Sache“, und nicht etwa auf „Religion“ bezieht. Alle vier arabischen Testpersonen bemerken dies. Eine Testperson betont, dass ihre Antworten sich auf die arabische Variante beziehen und sie komplett anders (nämlich ablehnend) geantwortet hätte, wenn es sich auf Religion bezogen hätte (AR12). Sie hatte an ihre Familie gedacht als etwas, was ihr sehr wichtig ist und nicht an den Islam.

Im Türkischen sind laut einer Testperson alle drei Items in der Ich-Form gestellt (TR10). Im Türkischen ist die Frage daher konkreter an den Befragten gerichtet: „Es ist sinnlos, dass ich mein Leben für die Religion opfere“.

Cognitive Techniques:

General Probing, Specific Probing
Item Text Actively tested
Es ist sinnlos, sein Leben für die Religion zu opfern. No
Ich wäre bereit dazu, meinen gesamten persönlichen Besitz für meine Religion aufzugeben. No
Ich wäre nicht dazu bereit, mein Leben für meine Religion zu geben. No