Die Testpersonen wurden bei dieser Frage zufällig einer von zwei Bedingungen zugeteilt: 60 Befragte erhielten die Frage mit einer „Weiß nicht“-Kategorie (mit WN), 60 Befragte erhielten sie ohne die „Weiß nicht“-Kategorie (ohne WN). Damit sollte untersucht werden, ob Befragte, die sich unsicher über die Mehrheitsmeinung sind, zur Mittelkategorie tendieren, wenn keine „Weiß nicht“-Kategorie angezeigt wird.
Wie aus der Häufigkeitsverteilung hervorgeht, hat der Verzicht auf die „Weiß nicht“-Kategorie nicht dazu geführt, dass die die Mittelkategorie vermehrt ausgewählt wurde. Nur bei zwei der sieben Items (Item d) und Item g)) entschieden sich die Testpersonen in der Frageversion „ohne Weiß nicht“ häufiger für die Mittelkategorie als in der Frageversion „mit Weiß nicht“. Die explizite Nennung der „Weiß nicht“-Kategorie hat umgekehrt jedoch auch nicht dazu geführt, dass diese (z.B. bei Unsicherheit) besonders häufig gewählt wurde. Nur relativ wenige Befragte haben von dieser Kategorie Gebrauch gemacht (0 bis maximal 5 Befragte pro Item). Um zu untersuchen, ob sich die Mittelwerte der Antworten in Abhängigkeit der „Weiß nicht“-Kategorie ändern, wurden für alle sieben Items separate T-Tests gerechnet (s. Tabelle 2_1).
Tabelle F2_1. Mittelwertunterschiede zwischen den sieben Items und Ergebnisse der T-Tests.
Item |
Bedingung |
M |
SD |
t |
df |
p |
Item a) |
mit WN ohne WN |
3,46 3,02 |
1,02 1,17 |
2,19 |
117 |
.031 |
Item b) |
mit WN ohne WN |
3,45 2,83 |
0,99 1,09 |
3,20 |
116 |
.002 |
Item c) |
mit WN ohne WN |
2,53 2,63 |
0,86 0,94 |
-,60 |
116 |
.553 |
Item d) |
mit WN ohne WN |
2,60 2,68 |
1,18 1,0 |
-,43 |
115 |
.668 |
Item e) |
mit WN ohne WN |
3,13 2,97 |
1,14 1,16 |
,73 |
118 |
.430 |
Item f) |
mit WN ohne WN |
3,09 2,67 |
1,02 1,16 |
2,07 |
113 |
.040 |
Item g) |
mit WN ohne WN |
3,22 2,88 |
1,05 1,08 |
1,69 |
113 |
.094 |
Signifikante Unterschiede ergaben sich für die Items a), b), und f). Da die „Weiß nicht“-Antworten aber insbesondere bei Item a) (n=1) und Item b) (n=2) sehr gering sind, ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Mittelwertunterscheide auf die Anzeige bzw. den Verzicht der „Weiß nicht“-Kategorie zurückzuführen sind. Vielmehr scheint die zu Grunde liegende Stichprobe zu klein, um belastbare Aussagen bezüglich eines Effekts der „Weiß nicht“-Kategorie zu treffen.
Insgesamt ist bei Frage 2 ein Trend dahingehend zu erkennen, dass die Testpersonen zur Auswahl der Mittelkategorie tendieren. Dies zeigt sich besonders deutlich bei Item f) („Importbeschränkungen“, n=53), Item c) („sozialstaatliche Leistungen für Arbeitslose“, n=48), Item g) („Kompetenzen der EU“, n=44) und Item d) („Frauenquote“, n=43). Um die Gründe für die Wahl der Mittelkategorie zu identifizieren, wurden diejenigen Testpersonen, welche die Mittelkategorie ausgewählt hatten, gebeten, ihre Antwort zu begründen (Category Selection Probing). Tabelle F2_2 enthält eine Übersicht über die genannten Gründe sowie die Anzahl der Nennungen pro Item.
Am häufigsten (101 Nennungen) begründen die Testpersonen ihre Wahl der mittleren Antwortkategorie damit, dass es keine klare Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft gebe und sich die Befürworter und Gegner der jeweiligen Maßnahmen in etwa die Waage hielten (TP 93:
„Ich bin der Meinung, dass es sehr viele in Deutschland gibt, die dieser Meinung sind. Aber auch genauso viele, die dagegen sind.“). Deutlich seltener (35 Nennungen), aber doch bei allen Items, wird als Begründung die Unsicherheit bezüglich der Mehrheitsmeinung genannt (TP 290:
„Ich kann schwer einschätzen, wer welche Meinung hat.“). Der am dritthäufigsten genannte Grund (18 Nennungen) ist der, nach Gefühl entschieden zu haben (TP 349:
„Keine Ahnung - Bauchgefühl. Viele Menschen haben nicht viel Ahnung von den Strukturen der EU.“). Auch diese Begründung deutet auf eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Mehrheitsmeinung hin, so dass insgesamt etwa 30% der Mittelkategorie-Antworten aus diesem Grund ausgewählt wurden.
Abschließend wurden die Testpersonen gebeten anzugeben, wie schwer es ihnen gefallen ist, die Mehrheitsmeinung bei den einzelnen Items einzuschätzen (Difficulty Probing). Befragte, welche diese Nachfrage mit „eher schwer“ oder „sehr schwer“ beantworteten, wurden gebeten, die Gründe für die wahrgenommene Schwierigkeit zu erläutern. Tabelle F2_3 enthält eine Übersicht über die Anzahl der Testpersonen, die auf diese Difficulty Probe mit „eher schwer“ oder „sehr schwer“ geantwortet haben sowie die drei meistgenannten Gründe für die wahrgenommene Schwierigkeit pro Item.
Pro Item haben zwischen 21% (Item b), Einkommenssteuer) und 35% (Item f), Importbeschränkungen) der Testpersonen angegeben, dass ihnen die Beantwortung schwer gefallen sei. Der am häufigsten genannte Grund, weshalb die Beantwortung der Items schwer fiel, ist, dass die Meinung anderer Menschen bzw. der Mehrheit der Deutschen schwer einzuschätzen sei (TP 206:
„Ich kann schlecht einschätzen, wie meine Mitmenschen denken.“). Diese Begründung findet sich bei allen Items unter den drei meistgenannten Gründen. Am zweithäufigsten gaben die Testpersonen an, die Beantwortung der Items sei ihnen schwer gefallen, da sie sich mit dem Thema nicht auskennen (TP 128:
„Ich weiß zu wenig darüber.“). Dieser Grund wurde vor allem bei den Items f) (Importbeschränkungen) und g) (Kompetenzen der EU), vereinzelt auch bei den Items b) (Einkommenssteuer), c) (sozialstaatliche Leistungen Arbeitslose) und d) (Frauenquote) genannt. Ein weiterer Grund, der zwar seltener, aber doch bei allen Items genannt wurde, ist die Wahrnehmung, dass die Meinungen in der Gesellschaft sehr verschieden sind und es keine eindeutige Mehrheitsmeinung gebe (TP 253:
„Die Meinungen sind hier sehr verschieden, viel diskutiertes Thema.“). Neben diesen bei allen Items genannten Gründen, fiel den Testpersonen die Beantwortung von Item e) (Sterbehilfe) schwer, da es sich dabei um ein kompliziertes und emotional aufgeladenes Thema handele (TP 169:
„Hoch emotionales Thema mit vielen möglichen Facetten.“). (s. Tabelle 2_2 im Pretestbericht)
Tabelle F2_3. Anzahl der Testpersonen pro Item, welche die Beantwortung der Items in Frage 2 “eher/sehr schwer” fanden sowie die drei meistgenannten Gründe für die wahrgenommene Schwierigkeit.
Item |
Anzahl „eher/sehr schwer” Nennungen |
Gründe für wahrgenommene Schwierigkeit (Anzahl der Nennungen) |
Item a) |
16 (mit WN) 18 (ohne WN) |
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=20)
Unsicher, da Presse einseitig berichtet (n=2)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=2) |
Item b) |
14 (mit WN) 11 (ohne WN) |
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=12)
Wissen über das Thema fehlt (n=4)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=1) |
Item c) |
17 (mit WN) 17 (ohne WN) |
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=13)
Wissen über das Thema fehlt (n=4)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=3) |
Item d) |
15 (mit WN) 13 (ohne WN) |
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=8)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=4)
Wissen über das Thema fehlt (n=2) |
Item e) |
16 (mit WN) 15 (ohne WN) |
Kompliziertes, emotional aufgeladenes Thema (n=12)
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=6)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=2) |
Item f) |
18 (mit WN) 24 (ohne WN) |
Wissen über das Thema fehlt (n=14)
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=8)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=2) |
Item g) |
15 (mit WN) 17 (ohne WN) |
Wissen über das Thema fehlt (n=17)
Meinung anderer ist schwer zu beurteilen (n=3)
Meinungen sind in der Gesellschaft sehr verschieden, es gibt keine eindeutige Mehrheitsmeinung (n=1) |