Itemtext:Wichtige politische Entscheidungen sollten nur mit Zustimmung aller Betroffenen getroffen werden.
Empfehlungen:Da die Interpretationen des Begriffs „Betroffene“ variieren und dies einen (vermutlich systematischen)
Einfluss auf die Beantwortung des Items hat, empfehlen wir, den Begriff zu konkretisieren.
Hier eine mögliche Umformulierung:
„Wichtige politische Entscheidungen sollten nur mit Zustimmung der Vertreter aller betroffenen
Gruppen getroffen werden.“
Befund zum Item:Bis auf einen Befragten, der die Kategorie „weiß nicht“ gewählt hat, konnten sich alle Testpersonen
einem Skalenwert zuordnen. Dabei nutzen sie die volle Skalenbreite und verteilen sich relativ gleichmäßig
auf die einzelnen Skalenwerte.
Die Antworten der Befragten auf die Specific Probe („An welche Betroffenen haben Sie beim Beantworten
der Aussage gedacht?“) lassen sich in drei Gruppen kategorisieren:
Etwa 50% der Befragten geben an, an bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Minderheiten (Homosexuelle,
Migranten usw.) bzw. allgemein an Gruppen, die von den jeweiligen Entscheidungen direkt
betroffen sind, gedacht zu haben:
„Erkrankte und behinderte Menschen, Kinder, Migranten" (TP 22)
„An alle, die die Entscheidung betrifft!" (TP 70)
38% der Testpersonen haben den Begriff „Betroffene“ sehr weitreichend interpretiert und an die Gesamtheit
aller Bürger gedacht (im Sinne von „von politischen Entscheidungen sind immer alle Bürger
betroffen“):
„Alle Betroffenen, das sind für mich alle Bürger.“ (TP 55)
„Das geht nicht! Zustimmung aller Betroffenen kann und wird niemals funktionieren. Das
bekommt man nicht hin. So sehr man sich auch bemüht.“ (TP 57)
Vier Testpersonen denken bei der Beantwortung der Frage ausschließlich an Politiker und andere
Volksvertreter in politischen Gremien, also an „Betroffene“, die an den politischen Entscheidungen, die
in der Aussage genannt werden, mitwirken:
„Gewählte Politiker und fachlich ausgebildete Personen/ Gremien.“ (TP 41)
„Als Betroffene gelten für mich die Menschen, die von der Bevölkerung als ihre Vertreter
zu diesen Fragen gewählt wurden.“ (TP 52)
Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass die unterschiedlichen Interpretationen der Befragten
einen Einfluss auf die Beantwortung des Items haben: Testpersonen, die an bestimmte Bevölkerungsgruppen
denken, stimmen der Aussage eher zu (24x Skalenwerte 5-7 vs. 17x Skalenwerte 1-3), während
Personen, die an die Gesamtheit aller Bürger denken, der Aussage eher nicht zustimmen (18x
Skalenwerte 1-3 vs. 13x Skalenwerte 5-7). Testpersonen in der ersten Gruppe argumentieren meist,
dass diejenigen Gruppen, die von Entscheidungen betroffen sind, auch ein Mitspracherecht haben
sollten, während Befragte in der zweiten Gruppe meist argumentieren, dass ein Konsens aller Bürger
utopisch und nicht erreichbar ist. Von den vier Testpersonen, die vornehmlich an Politiker denken,
stimmen drei Testpersonen der Aussage (eher) zu (Skalenwerte 5-7) und eine Person eher nicht zu
(Skalenwert 2).
Thema der Frage:Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
Konstrukt:Gewichtung von Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz
Ja
Wichtige politische Entscheidungen sollten im Gespräch und nicht durch eine bloße Abstimmung getroffen werden.
Itemtext:Wichtige politische Entscheidungen sollten im Gespräch und nicht durch eine bloße Abstimmung getroffen werden.
Empfehlungen:Item belassen.
Befund zum Item:Bei dieser Aussage können sich alle Befragten einem Wert zuordnen und nutzen dabei die gesamte
Skalenbreite aus. Die große Mehrheit der Testpersonen stimmt diesem Item zu (59%, Skalenwerte 5-7)
oder wählt den mittleren Skalenwert 4 (24%). Lediglich 17% der Testpersonen stimmen dem Item
(eher) nicht zu (Skalenwerte 1 bis 3).
Auf die Nachfrage, warum sich die Testpersonen für ihre jeweilige Antwort entschieden haben (Category
Selection Probing), geben 42% der Befragten an, dass sie generell (d.h. unabhängig von der konkreten
politischen Entscheidung) gesprächsbasierte Entscheidungsverfahren gegenüber bloßen Abstimmungen
nach dem Mehrheitsprinzip bevorzugen:
„Wenn es denn eine Lösungsmöglichkeit durch Gespräche gibt, ist das immer einer Abstimmung vorzuziehen, bei der es ja immer Sieger und Verlierer gibt." (TP 02, Antwort: 7)
„Es sollten alle ihre Meinung äußern, begründen und erläutern, als einfach nur dafür oder dagegen
zu sein“ (TP 35, Antwort: 6)
Nur etwa 5% der Testpersonen geben an, dass sie generell Abstimmungen gegenüber Gesprächen vorziehen:
„Eine Abstimmung gibt einem klare Zeichen." (TP 01, Antwort: 2)
„Ansonsten kommt man nie zu einer Entscheidung.“ (TP 90, Antwort: 2)
12% der Befragten geben an, dass es auf die konkrete Situation bzw. politische Entscheidung ankomme,
ob Gespräche oder Abstimmungen zielführender und daher zu bevorzugen seien:
„Ist manchmal möglich und manchmal nicht. Wir können nicht jede Kleinigkeit ausdiskutieren." (TP 26, Antwort: 4)
„Ich denke es kommt immer darauf an was entschieden werden soll, ob man da ein Gespräch braucht oder nicht sollte eine Einzelfallentscheidung sein.“ (TP 40, Antwort: 4)
Zu guter Letzt argumentieren 32% der Testpersonen, dass politische Entscheidungen weder ausschließlich
auf Basis von Gesprächen noch ausschließlich auf Basis von Abstimmungen getroffen werden
sollten. Diese Befragten sind der Meinung, dass beide Verfahren möglichst miteinander kombiniert
werden sollten:
„Erst diskutieren, eigene Meinung bilden, dann abstimmen.“ (TP 20, Antwort: 4)
„Vor einer Entscheidung ist sicher eine sachliche Diskussion erforderlich, allerdings ist eine
abschließende Abstimmung in jedem Fall notwendig.“ (TP 36, Antwort: 2)
Thema der Frage:Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
Konstrukt:Gewichtung von Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz
Ja
Nicht alle Konflikte lassen sich durch Diskussion und Verhandlungen lösen. Meist sind Abstimmungen der beste Weg zu einer Entscheidung.
Itemtext:Nicht alle Konflikte lassen sich durch Diskussion und Verhandlungen lösen. Meist sind Abstimmungen der beste Weg zu einer Entscheidung.
Empfehlungen:Sofern dieses Item als gegensätzlich und nicht als komplementär zu Item 4 interpretiert werden
soll, empfehlen wir, das Item umzuformulieren. Durch eine analoge Formulierung zu Item
4 würde vermutlich deutlicher werden, dass es bei dieser Aussage um die (teilweise) Ablehnung
gesprächsbasierter Entscheidungsverfahren geht, während Item 4 auf die (teilweise) Ablehnung
des Mehrheitsprinzips abzielt:
„Wichtige politische Entscheidungen sollten nur durch Abstimmungen nach dem Mehrheitsprinzip
getroffen werden.“
Befund zum Item:Bei dieser Aussage können sich ebenfalls alle Testpersonen auf der Antwortskala verorten und auch
hier nutzen sie die volle Skalenbreite. Analog zu Item 4 stimmt auch hier die große Mehrheit der Testpersonen
dem Item zu (66%, Skalenwerte 5-7) oder wählt den mittleren Skalenwert 4 (20%). Lediglich
14% der Testpersonen stimmen dem Item eher nicht zu (Skalenwerte 1 bis 3).
Auf die Category Selection Probe („Bitte erläutern Sie Ihre Antwort noch etwas näher. Warum haben
Sie sich für diese Antwort entschieden?“) gibt die Hälfte der Befragten (50%) an, dass meist Abstimmungen
der beste Weg zu einer Entscheidung seien. Davon erklären 39%, dass selbst bei vorangegangenen Diskussionen am Ende immer Abstimmungen erfolgen müssen, um zu einer Entscheidung zu
kommen:
„Wenn Diskussionen sich festgefahren haben und nicht mehr argumentiert wird [dann muss
abgestimmt werden].“ (TP 15, Antwort: 6)
„Wenn durch Gespräche nichts erreicht wird, sollte eine Abstimmung entscheiden.“ (TP 47,
Antwort: 5)
Etwa 15% der Befragten befürworten eine Entscheidungsfindung auf Basis von Gesprächen und Diskussionen
gegenüber einer Entscheidungsfindung auf Grundlage von Abstimmungen. Davon argumentieren
jedoch ebenfalls 10%, dass Gespräche nicht immer zu Entscheidungen führen können und es
daher aus pragmatischen Gründen zwangsläufig irgendwann zu einer Abstimmung kommen muss:
„Wenn es denn nicht anders geht, weil Gespräche erfolglos blieben, man aber zu einer Entscheidung
kommen muss, dann ist eine Abstimmung immer noch besser als ein Diktatorenwort.
[...]" (TP 02, Antwort: 5)
„Abstimmungen immer erst wenn sich durch anhaltende Gespräche keine Lösung findet – und
auch nur für vorübergehende Zeit bis neue Gespräche stattfinden können. Nur wenn es eine
Notlage unbedingt zwingend erforderlich macht, dass eine Entscheidung umgehend getroffen
wird.“ (TP 50, Antwort: 3)
17% der Befragten geben explizit (ähnlich wie bei Item 4) an, dass eine Kombination aus Gesprächen
und Abstimmungen der beste Weg zu einer Entscheidung sei:
„Nach Austausch von Argumenten muss eine Abstimmung Klarheit bringen." (TP 27)
„Es stimmt, dass oft keine Lösung gefunden wird, die allen Beteiligten gefällt. In dem Fall
kann eine Abstimmung hilfreich sein. Es ist aber trotzdem wichtig, darüber zu diskutieren.
Insgesamt sollte ein gesunder Mittelweg gewählt werden.“ (TP 95)
Auffällig ist bei diesem Item, dass 18% der Befragten ihre Antwort genauso begründen wie beim vorherigen
Item 4. Vergleicht man die Antwortverteilungen der Items 4 und 5 sowie die Begründungen
der Testpersonen für die Wahl ihrer Antworten, so wird deutlich, dass die beiden Items von den allermeisten
Testpersonen nicht als gegensätzlich, sondern als komplementär wahrgenommen werden.
Thema der Frage:Politik/ Einstellungen, Bewertungen & Ideologien
Konstrukt:Gewichtung von Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz